WAS TUT GUT? - Universiteit Twente
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Aber kehren wir noch einmal zurück zu Leon Kass. Wie dargestellt betont er<br />
die Notwendigkeit einer ganzheitlichen Wahrnehmung des Menschen als geistig –<br />
körperliches Wesen. Damit bewegt Kass sich in demselben Argumentationsfeld wie<br />
Joan Tronto in ihrer Ethic of Care. Beide teilen das Unbehagen an einer allzu<br />
beschränkten Sicht des Menschen. Eine Abkehr von abstrakten Prinzipien und eine<br />
größere konzeptionelle Offenheit für die Realitäten der Existenz, für die<br />
Kontextualität allen Geschehens, kennzeichnen beide Denker. Insofern weben beide -<br />
sei es mit völlig anderen Zielsetzungen und völlig anderen Ansätzen und vor jeweils<br />
ganz anderem Hintergrund - mit am philosophischen Zeitgeist, der eine<br />
Neuverortung der leitenden Maximen für notwendig hält.<br />
Obwohl hier nicht der Ort ist, die beiden ausführlich zueinander in Beziehung<br />
zu setzen, sei jedenfalls erwähnt, dass Kass den Verlust, bzw. die Verwischung einer<br />
moral boundary beklagt, auch wenn er den Begriff nicht verwendet, deren<br />
Durchlässigkeit von Tronto gerade gefordert wird: Die Grenze zwischen Politik und<br />
Moral. Kass führt, wie bereits erläutert, aus, inwiefern die ursprünglich zunächst rein<br />
politisch motivierten liberalen Prinzipien des Schutzes von Leben, Freiheit und<br />
Glücksstreben illegitimerweise zur Richtschnur im moralischen Diskurs geworden<br />
seien, nachdem die Religion als ursprüngliche Quelle moralischer Überzeugungen in<br />
der säkularisierten Gesellschaft an Bedeutung verloren hat. Das habe zu einer<br />
Vernachlässigung anderer wichtiger Werte geführt und arbeite dem durch die<br />
biotechnologische Entwicklung drohenden Prozess der Dehumanisierung in die<br />
Hände.<br />
Wie wir gesehen haben, macht Tronto die Vernachlässigung anderer wichtiger<br />
Werte, in ihrem Fall vor allem solcher, die im Zusammenhang mit Sorge stehen,<br />
gerade fest an einer allzu rigiden Trennung zwischen Politik und Moral. Beide<br />
Aussagen haben in ihrem jeweiligen Kontext ihre Berechtigung. Tronto betont den<br />
ausgrenzenden Charakter der boundary, den sie darin begründet sieht, dass die<br />
Grenze ein Durchfließen von Werten von der Seite der Moral in den Bereich des<br />
Politische hinein verhindert; Kass betont dagegen die Überflutung aller<br />
Lebensbereiche durch die Information ursprünglich nur politisch angelegter<br />
Grundsätze.<br />
evolutionsbiologischer Sicht theoretisch grundsätzlich richtig, betroffenen Frauen und Paaren praktisch<br />
aber nur schwer verständlich zu machen.<br />
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