WAS TUT GUT? - Universiteit Twente
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Widmen wir uns dem Aspekt der Selbstgenügsamkeit nun noch einmal konkret<br />
im Zusammenhang mit dem Proteinchip. Was bedeutet der Hinweis auf die<br />
Bedeutung der autarkeia im Hinblick auf seine Verwendung? Ich möchte drei<br />
Gesichtspunkte beleuchten.<br />
Der erste, den möglichen Informationsverzicht tangierende Aspekt wurde<br />
schon thematisiert. Hinsichtlich des analytischen Potentials des Chips ist in der oben<br />
dargestellten Weise individuell abzuklären, was man im Interesse seines<br />
Seelenfriedens und seiner Freude am Leben wissen oder lieber nicht wissen sollte.<br />
Entscheidend ist dabei, dass nicht das jeweils gerade technisch mögliche<br />
Informationsspektrum den Nutzungsrahmen vorgibt, sondern die freie Entscheidung<br />
des Individuums.<br />
Der Hinweis auf die Selbstgenügsamkeit, ist zweitens von Bedeutung für alle<br />
Institutionen, die Interesse an lebensführungsrelevanten physiologischen Daten<br />
haben. Sie könnten durch das hohe informative Potential des Chips dazu verleitet<br />
werden, möglichst aller verfügbaren Daten habhaft werden zu wollen, was ein höchst<br />
unangenehmes gesellschaftliches Klima fördern würde. Die Heuristik der<br />
Lebensfreude antizipiert diese potentielle Gefährdung und legt eine andere Art der<br />
Handhabung nahe. So regt sie Institutionen dazu an, sich zu einer Mäßigung ihrer<br />
Informationsbegehrlichkeiten zu verpflichten und den Bürgerinnen nicht durch<br />
übermäßige Kontrollversuche zu nahe zu rücken. Es geht dabei um die Entwicklung<br />
und Entfaltung einer biophilen Kultur, die sich an Großzügigkeit und Lebenslust<br />
orientiert und nicht an Engstirnigkeit und Kontrollwut, und die als solche<br />
atmosphärisch einen weiteren Raum ausfüllt als den durch datenschutzrechtliche<br />
Vorgaben gesteckten juristischen Rahmen. (Der Punkt ist zugegebenerweise etwas<br />
vage, aber dem Geist, der in einer Gesellschaft oder in einer Institution weht, haftet<br />
naturgemäß etwas nur schwer dingfest zu Machendes an.)<br />
Jedenfalls ist auf der Basis der Heuristik der Lebensfreude eine institutionelle<br />
Weisheit gefragt, ähnlich der, die Eltern gegenüber ihren Kindern aufbringen<br />
müssen. Denn letztlich ist einer Gesellschaft am meisten damit gedient, wenn die<br />
Selbststeuerungskräfte von Individuen gestärkt werden; und das kann nur<br />
geschehen, wenn auf eine demütigende Gängelung oder gar Überwachung verzichtet<br />
wird. Wie das konkret aussehen könnte, wäre im Einzelfall zu klären. Zunächst<br />
einmal käme es darauf an, die Ideen von Lebenskunst und Lebensfreude als<br />
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