WAS TUT GUT? - Universiteit Twente
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eschreiben, die charakteristisch für die jeweilige Geisteshaltung sind, der die<br />
verschiedenen Aussagegestalten entstammen. Bei der auf Erfahrung beruhenden<br />
Menschenkenntnis überwiegt eher das wahrnehmende, rezeptive, zulassende<br />
Moment. Bei Aussagen über die menschlichen Natur steht eher ein definierendes,<br />
festschreibendes und gegebenenfalls forderndes Moment im Vordergrund.<br />
Sucht man in den unterschiedlichen Lehrgebäuden der philosophischen<br />
Lebenskunst, die aus ganz verschiedenen Epochen der Menschheitsgeschichte<br />
stammen, nach Übereinstimmungen, so macht man folgende Entdeckungen: Alle<br />
plädieren für einen asketischen Umgang mit den Lüsten. Der Autarkie des<br />
Individuums, seiner Selbstmächtigkeit, seinem Potential zur Gestaltgebung, wird eine<br />
besondere Bedeutung beigemessen. Die Sorge um sich selbst, dieser von Sokrates<br />
eingeführte Begriff, steht zentral als Bezeichnung der vorrangigen Aufgabe des<br />
Menschen. Die Pflege der Freundschaft ist allen wichtig. Und die Entwicklung einer<br />
Kunst des Sterbens, der ars moriendi, wird bei allen als integraler Bestandteil der ars<br />
vivendi, der Lebenskunst, betrachtet. 236 Gelingen und Misslingen gelten als<br />
grundsätzlich gleichberechtigt, solange sie im Kontext einer grundsätzlichen<br />
Lebensbejahung stehen; 237 gerade auch im Scheitern, das, wie der Erfolg, schlicht<br />
eine Erscheinungsform des Lebendigen darstellt, beweist sich die Lebenskunst, deren<br />
Anliegen es im Übrigen ist, Kenntnisse und Können zu schulen und einzuüben, um<br />
Individuen und Gemeinschaften in die Lage zu versetzen, dem Leben eine ihnen<br />
angemessene Gestalt zu geben.<br />
Ich möchte diese Darstellung der Philosophie der Lebenskunst nicht<br />
abschließen, ohne den faszinierenden Ausschnitt einer eindrücklichen Rede von Ivan<br />
Illich, dem mittlerweile verstorbenen einflussreichen amerikanischen Priester –<br />
Philosophen österreichisch – kroatischer Herkunft einzufügen, die er 1993 auf einem<br />
Kongress gehalten hat, und die das, was Lebenskunst meint, noch einmal auf ganz<br />
subjektive Weise schildert:<br />
235 Wilhelm Schmid. 1998. S. 82<br />
236 Vgl. Wilhelm Schmid. S. 2<br />
237 Wilhelm Schmid. 1998. S. 77<br />
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