WAS TUT GUT? - Universiteit Twente
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dieser Überlegungen bleibt ein Moment der Irritation angesichts der impliziten<br />
Widersprüchlichkeit der Jonasschen Forderung.<br />
5. Der Furcht zuviel<br />
Interessanterweise hat die Wirkungsgeschichte des Prinzip Verantwortung in<br />
den zurückliegenden Jahren eine ganz eigene Dynamik entfaltet, die gleichsam einer<br />
Übererfüllung der Mahnung, sich zu fürchten, gleichkommt. Es wirkt, als hätte Jonas<br />
mit seinen Überlegungen den Anstoß gegeben, vielerlei Furcht freizusetzen. Natürlich<br />
ist es nicht angebracht, diese Entwicklung seiner Theorie an zu lasten. Es ist nur so,<br />
dass sein Ansatz offensichtlich auf eine latent vorhandene Befindlichkeit gestoßen ist,<br />
und vermutlich nicht zuletzt deshalb eine so große Resonanz gefunden hat. Im<br />
Zusammenhang mit der Überlegung, warum die Jonassche Heuristik einer Ergänzung<br />
bedarf, ist es wichtig, diese Wirkungsgeschichte zu berücksichtigen, auch wenn<br />
damit gewissermaßen nur ein Argument zweiter Ordnung eingebracht wird.<br />
Furcht, die nun eben - anders als von Jonas eigentlich beabsichtigt - doch<br />
eine sehr emotionale Seite hat und sich keineswegs nur als bewusst gewählte<br />
Haltung geriert, geht allenthalben um. Dies trifft zumindest zu, wenn man die<br />
Situation in Deutschland in den Blick nimmt. (Wobei es sich hierbei im<br />
internationalen Vergleich vermutlich um einen Sonderfall handelt.) Furcht, so schreibt<br />
Frank Schirrmacher, Redakteur der FAZ, in seinem 2004 erschienenen, viel<br />
beachteten Buch Das Methusalem – Komplott ist die fast im Übermaß vorhandene<br />
spontane Reaktion der nach dem Krieg geborenen Generation auf die von ihr<br />
vorgefundenen und gestalteten Lebensumstände. Wie eine Art Hintergrundrauschen<br />
begleitet sie, gepaart mit Schuldgefühlen, praktisch alle Lebensvollzüge.<br />
126<br />
„Als wären wir in einem zweiten Mittelalter statt in der Moderne, haben<br />
wir zeitlebens das Gefühl, dass alles, was wir zivilisatorisch tun, falsch und<br />
eigentlich schon ein Verbrechen ist, wenn nicht an uns, dann an unseren<br />
Kindern und unserer Umwelt: essen (Gifte), zeugen (Überbevölkerung),<br />
waschen (Wasserverbrauch), heizen (Energie, Atomenergie), autofahren<br />
(CO²- Ausstoß), fliegen (Treibhauseffekt), reisen (Kulturkolonialismus),<br />
kommunizieren (Elektrosmog). Ganz gleich, ‚wie gesund’ wir leben: Wir alle<br />
befürchten, dass wir für unser gelebtes Leben eines Tages die Quittung