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WAS TUT GUT? - Universiteit Twente

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144<br />

was das Leben erstickt, es einengt und in Stücke zerlegt. Freude ist Tugend,<br />

Traurigkeit ist Sünde. Und es entspricht dem Standpunkt der biophilen Ethik,<br />

wenn die Bibel als Hauptsünde der Hebräer erwähnt: „Weil du dem Herrn,<br />

deinem Gott nicht gedient hast aus Freude und Dankbarkeit dafür, dass alles<br />

in Fülle da war’ (Dtn 28,47).“ 192<br />

Um es mit meinen Worten zu ergänzen: Sich bereithalten für die dynamischen<br />

Prozesse des Lebens, heitere Gelassenheit als Kunst der Balance 193 angesichts der<br />

Kontingenz der Existenz; der Verzicht darauf, möglichst jeden Vorgang zu<br />

domestizieren und der eigenen Kontrolle zu unterwerfen; das Engagement für das<br />

Gelingen, der Widerstand gegen destruktive Kräfte, das Bemühen um Weisheit - all<br />

das sind Ausdrucksformen der Lebensbejahung.<br />

Als wichtigste, individual - psychologische Vorbedingung nennt Erich Fromm,<br />

dass ein Kind mit Menschen zusammenlebt, die das Leben lieben. Die Liebe zum<br />

Lebendigen sei ansteckend ebenso wie die Liebe zum Toten; und wenn ein Kind<br />

einen liebevollen Kontakt zu anderen Menschen erlebe, wenn es über Grundsätze<br />

belehrt werde, die zu innerer Harmonie und Kraft führen, wenn es in Freiheit und<br />

ohne Drohung aufwachse und in einer anregenden Atmosphäre in die ‚Kunst des<br />

Lebens’ eingeführt werde, habe es die besten Voraussetzungen zur Entwicklung einer<br />

biophilen Lebenshaltung. 194 Diese individual – psychologischen seien zu ergänzen<br />

durch Voraussetzungen auf gesellschaftlicher Ebene, als da sind: Sicherheit,<br />

verstanden als ungefährdete materielle Grundlage eines menschenwürdigen Daseins,<br />

Gerechtigkeit verstanden als Gewähr, dass niemand nur als Mittel zum Zweck für<br />

andere ausgenutzt wird, und Freiheit, verstanden als Möglichkeit, ein aktives und<br />

verantwortungsbewusstes Mitglied der Gesellschaft zu sein, das in seiner kreativen<br />

Selbsttätigkeit gefördert wird. 195<br />

Wenn weder auf individueller noch auf gesellschaftlicher Ebene diese<br />

günstigen Voraussetzungen gegeben sind, wenn stattdessen Lieblosigkeit,<br />

Unverständnis, Angst, geistige Verwahrlosung, Unsicherheit, Ungerechtigkeit und<br />

192 Erich Fromm. 1981. S. 44<br />

193 Vgl. Wilhelm Schmid. 2003. S. 351ff.<br />

194 Erich Fromm. 1974. S. 48<br />

195 Erich Fromm. 1974. S. 49 f.

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