WAS TUT GUT? - Universiteit Twente
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was das Leben erstickt, es einengt und in Stücke zerlegt. Freude ist Tugend,<br />
Traurigkeit ist Sünde. Und es entspricht dem Standpunkt der biophilen Ethik,<br />
wenn die Bibel als Hauptsünde der Hebräer erwähnt: „Weil du dem Herrn,<br />
deinem Gott nicht gedient hast aus Freude und Dankbarkeit dafür, dass alles<br />
in Fülle da war’ (Dtn 28,47).“ 192<br />
Um es mit meinen Worten zu ergänzen: Sich bereithalten für die dynamischen<br />
Prozesse des Lebens, heitere Gelassenheit als Kunst der Balance 193 angesichts der<br />
Kontingenz der Existenz; der Verzicht darauf, möglichst jeden Vorgang zu<br />
domestizieren und der eigenen Kontrolle zu unterwerfen; das Engagement für das<br />
Gelingen, der Widerstand gegen destruktive Kräfte, das Bemühen um Weisheit - all<br />
das sind Ausdrucksformen der Lebensbejahung.<br />
Als wichtigste, individual - psychologische Vorbedingung nennt Erich Fromm,<br />
dass ein Kind mit Menschen zusammenlebt, die das Leben lieben. Die Liebe zum<br />
Lebendigen sei ansteckend ebenso wie die Liebe zum Toten; und wenn ein Kind<br />
einen liebevollen Kontakt zu anderen Menschen erlebe, wenn es über Grundsätze<br />
belehrt werde, die zu innerer Harmonie und Kraft führen, wenn es in Freiheit und<br />
ohne Drohung aufwachse und in einer anregenden Atmosphäre in die ‚Kunst des<br />
Lebens’ eingeführt werde, habe es die besten Voraussetzungen zur Entwicklung einer<br />
biophilen Lebenshaltung. 194 Diese individual – psychologischen seien zu ergänzen<br />
durch Voraussetzungen auf gesellschaftlicher Ebene, als da sind: Sicherheit,<br />
verstanden als ungefährdete materielle Grundlage eines menschenwürdigen Daseins,<br />
Gerechtigkeit verstanden als Gewähr, dass niemand nur als Mittel zum Zweck für<br />
andere ausgenutzt wird, und Freiheit, verstanden als Möglichkeit, ein aktives und<br />
verantwortungsbewusstes Mitglied der Gesellschaft zu sein, das in seiner kreativen<br />
Selbsttätigkeit gefördert wird. 195<br />
Wenn weder auf individueller noch auf gesellschaftlicher Ebene diese<br />
günstigen Voraussetzungen gegeben sind, wenn stattdessen Lieblosigkeit,<br />
Unverständnis, Angst, geistige Verwahrlosung, Unsicherheit, Ungerechtigkeit und<br />
192 Erich Fromm. 1981. S. 44<br />
193 Vgl. Wilhelm Schmid. 2003. S. 351ff.<br />
194 Erich Fromm. 1974. S. 48<br />
195 Erich Fromm. 1974. S. 49 f.