WAS TUT GUT? - Universiteit Twente
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Weise ihren Sinn für das Überleben der Gattung haben. Ein gewisser Anteil von<br />
physischen und psychischen Fehlbildungen inklusiver aller gefürchteten und<br />
verabscheuten Extreme, eine bestimmte Mischung sogenannter normaler und<br />
weniger normaler Ausprägungen scheint die passende Balance für das Fortbestehen<br />
der Menschheit zu gewährleisten.<br />
Hier einzugreifen im Sinne der Präferenzen Einzelner und auf der Basis des<br />
jeweils technisch Möglichen und historisch gerade wünschenswert Erscheinenden, –<br />
und zwar nicht nur je aktuell und individuell, wie es heute längst geschieht, sondern<br />
langfristig und insgesamt für die Zukunft der Menschheit richtungsbestimmend, ist<br />
ein sehr riskantes Unterfangen. Die Regulationsmechanismen des Ganzen sind noch<br />
nicht einmal in Ansätzen verstanden. Natürlich ist der Wunsch von Eltern ein<br />
gesundes, kluges und schönes Kind zu bekommen, verständlich. Aber aus diesem<br />
Interesse heraus im großen Stil eine genetische Engführung durch Selektion zu<br />
betreiben, käme auf Gattungsebene einem gefährlichen Vabanquespiel gleich, weiß<br />
man doch etwa aus dem Bereich der Landwirtschaft, dass der Verlust von Vielfalt<br />
eine höhere Anfälligkeit für Gefährdungen aller Art bedeutet. 145<br />
Allerdings kann es in diesem Bereich zu massiven Kollisionen zwischen<br />
Individual - und Gemeinschaftsinteressen kommen und es wird ausgesprochen<br />
schwierig sein, Individuen ein medizinisches Eingreifen, das technisch und praktisch<br />
möglich wäre, und individuell großes Leid vermeiden helfen könnte, zu verweigern,<br />
unter Hinweis auf potentiell negative Auswirkungen für das Fortbestehen der<br />
Menschheit. Insofern kreiert schon das Entwickeln der Möglichkeiten einen<br />
ungeheuren Druck sich ihrer auch zu bedienen. 146<br />
145 Der 2005 veröffentlichte schwedische Film Wie im Himmel von Kay Pollak illustriert auf anrührende<br />
Weise die große Bereicherung, die eine Gemeinschaft durch einen geistig behinderten jungen Mann<br />
erfährt. Durch seine besondere Wahrnehmungsfähigkeit und emotionale Klarheit an mehreren<br />
Wendepunkten der Geschichte gibt er die entscheidenden Impulse für den Handlungsfortgang.<br />
Während die sogenannt „normalen“ Beteiligten, gefangen in widerstreitenden Gefühlen und aus<br />
Rücksicht auf Konventionen noch zögern und nach der richtigen Beurteilung und Haltung in der je<br />
gegebenen Situation suchen, weiß er viel direkter, was richtig ist. Er weist den anderen den Weg. Und<br />
die Quelle für dieses Wissen liegt in seiner Andersartigkeit.<br />
146 Gegenwärtig macht sich das Problem beispielsweise fest an der in Deutschland geltenden<br />
Regelung, in vitro erzeugte Embryonen nicht vor der Implantation auf genetische Schäden<br />
untersuchen zu dürfen. Eine Selektion von Lebewesen soll auf diese Weise verhindert werden. Die<br />
spätere Abtreibung eines genetisch abnormalen Fötus aufgrund medizinischer Indikation ist dagegen<br />
erlaubt. Dieses Verbot präimplantativer Selektion ist, obwohl sowohl aus ethischer wie aus<br />
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