WAS TUT GUT? - Universiteit Twente
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den zurückliegenden Jahren offensichtlich gezeigt, dass sie das Individuum nicht in<br />
der befürchteten Weise entblößt und zu ihrem willfährigen Objekt degradiert.<br />
Bezüglich anderer Forschungsrichtungen und sicherlich bezüglich der Gesamtheit<br />
biotechnologischer Forschung bleibt die Frage aber offen, inwiefern sie eine<br />
Bedrohung darstellen, auf die Abwehr die adäquate Reaktion darstellt. Grundsätzlich<br />
erscheint das Bürgerschaftsparadigma von seinem Bedeutungshorizont her vorzüglich<br />
geeignet, sowohl dem Moment der freien mündigen Entscheidung des Individuums,<br />
der Verbundenheit aller Angehörigen der menschlichen Spezies und dem Bewusstsein<br />
für die Notwendigkeit von Schutzstrategien Rechnung zu tragen.<br />
Ob es sich grundsätzlich bei den Anstrengungen, die informationelle<br />
Selbstbestimmung zu bewahren, binnen kurzem nur noch um sentimentale<br />
Rückzugsgefechte handelt, die dem enormen Ansturm der Informationsverdichtung<br />
nicht lange standhalten können, wird davon abhängen, wofür sich die Menschen<br />
mehrheitlich entscheiden. Wenn sie beispielsweise den staatlicherseits anvisierten<br />
Gebrauch der Gesundheitskarte boykottieren, was als Möglichkeit in den Planungen<br />
des Gesundheitsministeriums nicht ausgeschlossen wird, nimmt das Geschehen an<br />
diesem Punkt eine andere Richtung.<br />
Swierstra tritt ein für einen freizügigeren Umgang mit Informationen, um<br />
damit einen gemeinnützigen Dienst etwa an der Weiterentwicklung der genetischen<br />
Forschung zu leisten. Ich halte es für wichtig, den Aufruf zu diesem<br />
Paradigmenwechsel, für den Swierstra bezüglich der Verwendung einmal zur<br />
Verfügung gestellten Körpermaterials gute Gründe nennt, nicht unkritisch auf andere<br />
Bereiche zu übertragen. Ein durch das Individuum nicht mehr zu kontrollierender<br />
Informationsfluss von Inhalten, die seine Existenz und Geschichte und damit seine<br />
Identität in essentieller Weise betreffen, würde, so vermute ich, zumindest bei<br />
‚traditionell’ geprägten Menschen, zum Gefühl des Kontrollverlustes und damit der<br />
Entfremdung führen. Je mehr Informationen über einen Menschen kursieren, je<br />
weniger Handlungsspielraum hat er. Informationen in der Hand anderer werden zu<br />
Festlegungen, ungünstigenfalls Stigmatisierungen im negativen Sinn. Sie können<br />
aber auch übermäßige Erwartungen kreieren, denen gegenüber sich das Individuum<br />
verhalten muss.<br />
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