WAS TUT GUT? - Universiteit Twente
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IX. KAPITEL DIE BEDEUTUNG DER HEURISTIK DER LEBENSFREUDE FÜR<br />
DEN MEDIZINISCHEN KONTEXT<br />
Wie lässt sich die Lebensfreude nun für den Umgang mit technologischen<br />
Entwicklungen auf dem Gebiet der Medizin operationalisieren? Was hat sie dem<br />
bislang bekannten ethischen Orientierungsrahmen, der sich vor allem an allgemeinen<br />
Prinzipien und Regeln festmachte, voraus? Und worin geht sie über die schon<br />
hantierten prozeduralen Konzepte, die in der medizinischen Praxis den<br />
Notwendigkeiten der Kontextualisierung bereits Rechnung tragen, hinaus?<br />
Erinnern wir uns zu Beginn noch einmal: im medizinethischen Diskurs werden<br />
verschiedene Ansätze gehandhabt. Da gibt es auf der einen Seite den traditionellen<br />
Zugang, der sich vor allem auf Vernunft, Autonomie und Rechte als die vorrangigen<br />
ethischen Bezugsgrößen stützt. Innerhalb dieses Ansatzes werden Menschen primär<br />
auf der Ebene ihres Subjekt - Seins wahrgenommen und das ethische Handeln wird<br />
orientiert an rational begründeten Prinzipien und Regeln. Man spricht deshalb auch<br />
von einer Regelethik. Angesichts medizintechnologischer Novitäten wird hier in erster<br />
Linie geschaut, inwiefern sie gegebenenfalls die Persönlichkeitsrechte tangieren, wie,<br />
falls notwendig, die Autonomie der Beteiligten zu schützen ist, wie divergierende<br />
Rechte gegeneinander abzuwägen sind und auch, ob sich aus den neuen technischen<br />
Möglichkeiten neue Rechtsansprüche ableiten lassen.<br />
Daneben gibt es das moralische Denken neuen Stils 240 , das sich im<br />
medizinethischen Diskurs zunehmend etabliert. Es ist gekennzeichnet durch eine<br />
stärkere kontextuelle Ausrichtung und basiert auf einer ganzheitlichen<br />
Wahrnehmung, die darum weiß, dass Menschen durch vielfältige Motive, Bedürfnisse,<br />
Interessenlagen, Beziehungen und Gegebenheiten bestimmt sind, weshalb sie<br />
keineswegs nur als die freien, vernunftgesteuerten Personen agieren, die zu sein<br />
ihnen der traditionelle Ansatz unterstellt. Dieses moralische Denken neuen Stils lässt<br />
sich bezogen auf den medizinischen Kontext in Abgrenzung zur Regelethik unter dem<br />
Oberbegriff Sorgeethik fassen. Es ist orientiert an den Prinzipien einer guten Sorge,<br />
zu denen, wir erinnern uns, Achtsamkeit, Verantwortung, Kompetenz und<br />
responsiveness ‚ die Fähigkeit, umsichtig und einfühlsam zu reagieren, gehören. Das<br />
240 Vgl. Fernand van Neste. 2005<br />
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