WAS TUT GUT? - Universiteit Twente
WAS TUT GUT? - Universiteit Twente
WAS TUT GUT? - Universiteit Twente
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
persönlichen Sicherheit und Selbstmächtigkeit einer Person oder einer<br />
Personengruppe werden. Hier ist durch Technik Raum für neue Spielarten<br />
menschlicher Tragik entstanden, mit der sich die Betroffenen wahrscheinlich meist<br />
ganz unerwartet konfrontiert sehen. Dies gilt es zunächst einmal wahrzunehmen und<br />
zu akzeptieren.<br />
An dieser Stelle sei abschließend noch ein anderer Gedanke eingefügt, der im<br />
weiteren Sinn in den Themenkomplex Selbstmächtigkeit gehört, diese aber gleichsam<br />
extrapoliert, indem er die zeitliche Dimension menschlicher Existenz aufnimmt.<br />
Selbstmächtigkeit, sahen wir, hat etwas zu tun mit der Gewissheit, seinem Leben -<br />
zumindest in gewissem Rahmen - selbst Gestalt geben zu können. Menschen<br />
bedürfen, damit Lebensfreude sich entfalten kann, dieser Art von Sicherheit. Was für<br />
Individuen zu einer gegebenen Zeit und je für sich betrachtet gilt, trifft in besonderer<br />
Weise für Menschen zu, die für Kinder Sorge tragen. Um Kinder groß zu ziehen und<br />
Lebensfreude an die nächste Generation weiter zu geben, brauchen Menschen eine<br />
gehörige Portion Hoffnungsüberschuss, eine in die Zukunft extrapolierte autarkeia ,<br />
die die zuversichtliche Erwartung einschließt, dass auch Kindern und Kindeskindern<br />
die Selbstmächtigkeit als Lebensgestalt verfügbar sein wird. 265 Diese die nächsten<br />
Generationen in den Blick nehmende autarkeia kann sich nur dann entwickeln, wenn<br />
einerseits ein gewisses Vertrauen in die Sicherheit und Gestaltbarkeit der eigenen<br />
Existenz besteht und wenn andererseits die Zukunft als offen und damit, obwohl als<br />
solche potentiell Angst auslösend, in ihrer Unbestimmtheit doch als<br />
Entwicklungsraum gesehen wird, in dem prinzipiell den Kindern alle Möglichkeiten zur<br />
Selbstformung offen stehen.<br />
Diese Aussage erscheint oberflächlich paradox, da Selbstmächtigkeit ja mit<br />
Formungsmacht zu tun hat, und die scheint sich mit Offenheit nicht zu vertragen.<br />
Das ist aber ein Fehlschluss. Im Blick auf die nächsten Generationen nimmt die<br />
autarkeia als Möglichkeitsbedingung der Lebensfreude nämlich die Gestalt von<br />
Offenheit an, die den Kindern ihre zukünftige Selbstmächtigkeit zugesteht und<br />
265 Auch Hans Jonas hat in seinem Buch Das Prinzip Verantwortung – sei es mit anderem Schwerpunkt<br />
- einen ähnlich gelagerten Gedanken formuliert. Er mahnt auf Seite 89, wir hätten über die Fähigkeit<br />
zukünftiger Generationen zur Pflicht zu wirklichem Menschentum zu wachen. „Ihnen ihr Sollen<br />
unmöglich zu machen, ist das eigentliche Verbrechen...“<br />
201