WAS TUT GUT? - Universiteit Twente
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Bis zum achtzehnten Jahrhundert dominierte grundsätzlich eine kontextuell<br />
geprägte Ethik. Die Notwendigkeit moralischen Handelns bezog sich auf den kleinen<br />
Bereich derer, mit denen die moralischen Akteure in direktem Kontakt standen. Das<br />
Leben vollzog sich in Familienverbänden, eine Trennung zwischen Privat und<br />
Öffentlich gab es ebenso wenig wie eine Trennung zwischen Politik und Moral. Gefühl<br />
und Vernunft galten als beide Geschlechter auszeichnende Größen. Die Denker des<br />
schottischen Moral Sentiments, Tronto beschränkt sich in ihrer Besprechung auf<br />
Francis Hutcheson, David Hume und Adam Smith, standen mit ihrer Auffassung, dass<br />
Menschen über ein natürliches, nicht rational begründetes moralisches Empfinden<br />
verfügen, zunächst ganz in der Tradition dieser letztlich auf Aristoteles<br />
zurückgehenden kontextuellen Ethik. Tugend galt ihnen als eingebettet in politische<br />
Ordnung und die Motivierung zu moralischem Handeln sahen sie in dem Wunsch<br />
nach Anerkennung durch die direkte Umgebung begründet.<br />
Nun begann sich, wie Tronto ausführt, im achtzehnten Jahrhundert ein<br />
einschneidender Wandel zu vollziehen: Neue ökonomische Möglichkeiten und<br />
Realitäten veränderten das politische und soziale Leben: das aufstrebende Bürgertum<br />
opponierte gegen die hierarchischen Strukturen der feudalistischen Gesellschaft,<br />
demokratische Vorstellungen wurden vorangetrieben, neue Produktionsvorgänge<br />
machten eine Umorganisation von Arbeit erforderlich, die ursprünglichen<br />
Familienverbände bildeten nicht länger eine natürliche soziale und ökonomische<br />
Einheit, die Beziehungen zwischen den Menschen wurden formeller und die<br />
verschiedenen Facetten der Existenz, wie Sexualität und Krankheit erschienen<br />
zunehmend kontrollierbar - und kontrollbedürftig. Damit verschwanden allmählich die<br />
gesellschaftlichen Bedingungen für die Entwicklung des moralischen Empfindens,<br />
nämlich die oben beschriebene direkte räumliche und soziale Verbundenheit der<br />
moralischen Akteure, und die Vertreter des Moral Sentiments sahen die<br />
Voraussetzungen für ihr Konzept dahinschwinden. Sie beklagten denn auch den<br />
Verlust von echter Tugend und Freundschaft und ein Ausufern von Korruption und<br />
Egoismus.<br />
In dieser Situation musste die Moral neu verankert werden und dies geschah,<br />
indem man auf die Vernunft und in ihr verankerter Prinzipien zurückgriff und den<br />
Bereich kontextgebundener Gefühle zunehmend von ihr abtrennte. Es war vor allem<br />
Adam Smith, der gegen Ende des achtzehnten Jahrhunderts diese gedankliche<br />
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