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WAS TUT GUT? - Universiteit Twente

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„Selbstverantwortung“ ist nicht von ungefähr ein Grundmotiv aufgeklärter<br />

Gesellschaften. Politische, pädagogische und auch therapeutische Ansätze in<br />

modernen Demokratien haben den „geraden, klaren Menschen“ als Entwicklungsziel<br />

vor Augen. Den Menschen, der sein Leben bewusst gestaltet und für sich und die<br />

Gemeinschaft Verantwortung übernimmt. In der bundesrepublikanischen Gesellschaft<br />

hat man nach 1945 versucht, für die Verwirklichung dieses Ideals die geeigneten<br />

Voraussetzungen zu schaffen. Und über einen langen Zeitraum wurde ein System<br />

etabliert, in dem – zumindest aus heutiger Perspektive – eine relative Balance<br />

zwischen Einzel – und Gemeinschaftsinteressen gewahrt werden konnte.<br />

Diese Balance ist ins Wanken geraten. In den öffentlichen Diskussionen<br />

herrscht über die Parteigrenzen hinaus weitgehende Übereinstimmung in der<br />

Ursachenanalyse: In den zurückliegenden Jahrzehnten wirtschaftlichen Wachstums<br />

sei das ursprüngliche Ziel unbeabsichtigt torpediert worden, heißt es. Ein großzügiges<br />

soziales Abfederungssystem habe in bedauerlicher Umkehrung seiner ursprünglichen<br />

Intention gesamtgesellschaftlich eher zu einer Schwächung denn zu einer Stärkung<br />

geführt. Insgesamt seien zu viele Abhängigkeiten kreiert, Energien gelähmt und ein<br />

Besitzstandsdenken gefördert worden, das schließlich in die jetzt virulente<br />

ökonomische Krise geführt habe. Die Fähigkeit und Bereitschaft für sich und das<br />

Land Verantwortung zu übernehmen, sei durch den lange als vorbildlich betrachteten<br />

Sozialstaat nicht hinreichend entwickelt worden.<br />

Jetzt heißt es: Volle Kraft zurück. Großangelegte Reformen des<br />

Gesundheitswesens, des Steuer- Arbeits- und Rentenrechts sollen eine<br />

gesellschaftliche Neuorientierung in die Wege leiten. „Sozialabbau“ wird mit<br />

Vehemenz betrieben. Wer arbeitslos, krank, alt, dem Alkohol oder einer allgemeinen<br />

Lebensuntüchtigkeit verfallen ist, soll in Zukunft nur noch ein Minimum an staatlicher<br />

Unterstützung erhalten. Private Vorsorge bzw. Initiative soll an die Stelle öffentlicher<br />

Absicherung treten.<br />

Noch wehren sich die Interessenverbände mit Macht gegen die<br />

Veränderungen, aber der allgemeine Trend ist eindeutig. Ulrich Beck, der Münchener<br />

Soziologe, der seit Jahrzehnten die Entwicklung der bundesrepublikanischen<br />

Wirklichkeit kritisch kommentiert, beschreibt in seinem 2005 erschienenen Buch Was<br />

zur Wahl steht, den Prozess mit folgenden Worten: "Die Gesellschaft des Mehr nahm<br />

den Staat in die Verantwortung, die Gesellschaft des Weniger setzt auf das<br />

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