WAS TUT GUT? - Universiteit Twente
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Ich möchte für die Entfaltung des von mir vorgeschlagenen heuristischen<br />
Prinzips exemplarisch drei philosophische Schulen bzw. Ansätze zu Wort kommen<br />
lassen: Die Philosophie der Lebenskunst, den Epikureismus und die Überlegungen<br />
Erich Fromms.<br />
Bevor diese im Einzelnen diskutiert werden, seien noch einige allgemeine<br />
Bemerkungen vorausgeschickt: Die von mir zitierten Philosophen lehren<br />
übereinstimmend, dass der Mensch sich selbst zur Aufgabe gesetzt ist. Leben ist eine<br />
Kunst und bedarf der Einübung und Unterweisung. Der Mensch steht in der<br />
Verantwortung, für sich selbst und die Gemeinschaft, in der er existiert, Sorge zu<br />
tragen. Dieser Prozess der Selbstwerdung und Weltgestaltung hat viel zu tun mit der<br />
Ausrichtung auf ein Ziel, mit der Selbstgestaltung und Weltformung im Hinblick auf<br />
dieses Ziel.<br />
Nun ist es keineswegs so, dass das technologische Geschehen der Moderne<br />
ziellos wäre. Folgt man der Argumentation Leon Kass’, dann ist es – wie wir sahen -<br />
sogar sehr nachhaltig, gleichsam aus sich heraus, an einem Ziel ausgerichtet, das da<br />
lautet: rational mastery of nature. Alles, schreibt Kass, sei darauf ausgelegt, sich von<br />
Zufall und natürlicher Notwendigkeit zu befreien. 189 Die Frage, die sich stellt, ist<br />
allerdings die, ob dieses Ziel tatsächlich erstrebenswert ist. Wie aus dem weiter oben<br />
Gesagten deutlich geworden sein dürfte, lautet die Antwort: „In dieser Absolutheit –<br />
nein.“ Als alleinige und von anderen Zielen isolierte Größe taugt es nicht dazu,<br />
gelingendes Leben zu ermöglichen. In einem gewissen Rahmen, nämlich insofern die<br />
Bestrebungen zur rational mastery of nature dem übergeordneten Ziel der<br />
Lebensfreude dienen, haben sie ihre Berechtigung. In ihrem Absolutheitsanspruch<br />
schießen sie deutlich am Ziel vorbei und bewirken schlimmstenfalls das Gegenteil des<br />
Beabsichtigten. Die Gründe wurden bereits angesprochen:<br />
Beherrschung im epikureischen Sinn kann nur Mittel, aber nicht Zweck<br />
genannt werden. Kontrolle ist ein wichtiges und notwendiges Mittel im Umgang mit<br />
Angst und hat darin ihren Wert und ihre Bedeutung. In einer Vielzahl von<br />
Teilbereichen dient sie dem Menschen dazu, seiner existentiellen Angst, die ihm als<br />
Mängelwesen in einer von unzähligen, seinem Zugriff entzogenen Parametern<br />
bestimmten, kontingenten Welt von Natur aus mitgegeben ist, Herr zu werden. Aber<br />
189 Vgl. Leon Kass. 2002. S. 42<br />
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