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WAS TUT GUT? - Universiteit Twente

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garantiert und sie ihnen nicht im voraus durch frühe Festlegungen enteignet. Diese<br />

Offenheit ist ein integraler Aspekt der in die Zukunft extrapolierten autarkeia und<br />

findet nicht zuletzt einen ganz basalen Ausdruck schlicht in der Bereitschaft von<br />

Eltern, dem noch nicht Existierenden Zugang zum Sein zu gewähren.<br />

Daraus folgt: Diagnostische Instrumentarien müssen daraufhin überprüft<br />

werden, ob und inwiefern sie möglicherweise durch Festlegungen und<br />

Kategorisierungen von Kindern durch gute wie schlechte Prognosen die<br />

Zukunftsoffenheit untergraben und damit die Grundlage ihrer Selbstmächtigkeit in<br />

nicht tolerierbarer Weise gefährden. Um das Gemeinte an einem Beispiel zu<br />

konkretisieren:<br />

Man könnte sich beispielsweise vorstellen, diagnostische Methoden wie etwa<br />

das Magnet Resonanz Imaging (fMRI) in Zukunft als Routinescreening bei Kindern<br />

schon bei der Einschulungsuntersuchung einzusetzen, um sich ein Bild von<br />

Veranlagung, Charakter oder Disposition zu machen. Das Ergebnis könnte z.B. bei<br />

einem sechsjährigen Jungen auf eine besondere Gewaltbereitschaft hinweisen. Es ist<br />

nicht abwegig anzunehmen, dass diese ärztlich verbrieft Festschreibung als self -<br />

fulfilling prophecy eine unheilvolle Wirkung entfalten und die Möglichkeit zur<br />

Selbstformung des Heranwachsenden von vornherein torpedieren würde. 266 Solche<br />

Stigmatisierungen von Kindern sind natürlich abzulehnen, ein Grund mehr, sehr<br />

sorgfältig zu reflektieren, welche Auswirkungen eine technologische Innovation auf<br />

die Selbstmächtigkeit nicht nur der gegenwärtigen, sondern auch zukünftiger<br />

Generationen hat.<br />

Zum Thema Offenheit sei hier auch Wilhelm Schmid zitiert, der, sei es mit<br />

einem anderen Fokus, das Gesagte unterstreicht, wenn er schreibt:<br />

202<br />

“Was das Leben definitiv ist, lässt sich wohl nicht sagen, und daran ist<br />

nichts zu bedauern: Es ist die grundsätzliche Offenheit, die die Spannung des<br />

Lebens aufrechterhält. Welche Bedeutung dies hat, lässt sich am besten durch<br />

die Vorstellung erschließen, es stünde eine Zeit bevor, in der ‚das Leben’<br />

vollkommen erforscht, durchschaut und bekannt wäre, das Leben im<br />

Allgemeinen, das menschliche Leben im Besonderen, das eigene Leben zumal,<br />

266 Allerdings ist auch das Gegenteil denkbar, dass nämlich eine frühe Wahrnehmung einer<br />

bestimmten Disposition besondere Möglichkeiten der Selbstformung überhaupt erst freisetzt.

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