WAS TUT GUT? - Universiteit Twente
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Deshalb muss eine Ethik, die für sich in Anspruch nimmt, den Prozess in ihrem Sinne<br />
zu beeinflussen, Wert auf eine inhärente - auch politische - praktische<br />
Durchsetzungskraft legen. Eine substantielle Schwäche an gerade diesem Punkt ist<br />
aus pragmatischen Erwägungen nicht zu tolerieren.<br />
4. Gefühle lassen sich nicht verordnen<br />
Ein weiterer Grund die Heuristik der Furcht zu ergänzen, liegt in der Tatsache,<br />
dass es sich bei der Furcht um ein gefordertes Gefühl handelt. Jonas schreibt von der<br />
Pflicht, ein dem vorgestellten Zukünftigen ‚angemessenes Gefühl’ aufzubieten. Es<br />
handele sich dabei „...um eine Furcht geistiger Art, die als Sache einer Haltung unser<br />
eigenes Werk ist“ 174 . Nun liegt es eigentlich in der Natur von Gefühlen sich<br />
unwillkürlich einzustellen. Gefordert werden können Handlungen, aber nicht<br />
Emotionen. Das Grimmsche Märchen Von einem, der auszog das Fürchten zu lernen<br />
macht dies anschaulich. „Ach, wenn’s mir nur gruselte, wenn’s mir nur gruselte“,<br />
jammert der einfältige Jüngling, aber kein Schrecken kann das begehrte Gefühl in<br />
ihm wecken. Die Annahme, bei der Furcht handele es sich um eine zu erwerbende<br />
Fähigkeit macht hier die Komik aus. Erst seiner Frau (honni soit qui mal y pense)<br />
gelingt es schließlich, ihn das Fürchten zu lehren.<br />
Nun muss man Jonas allerdings zugestehen, dass seine Aufforderung zur<br />
Furcht dennoch nicht abwegig ist. Zum einen impliziert „Furcht“ in gewisser Weise<br />
ein rationales Moment, da sie auf ein bestimmtes, sie auslösendes Objekt bezogen<br />
ist, das im Normalfall mit Mitteln der Sprache benannt werden kann. Mit dieser<br />
rationalen Komponente bietet die Furcht - so ließe sich einräumen- zumindest eher<br />
als Angst einen Ansatzpunkt, sie als intellektuell zu erbringende Leistung anzugehen,<br />
bezeichnet „Angst“ doch ein allgemeines, nicht notwendigerweise durch ein Objekt<br />
ausgelöstes und oft dem sprachlichen Zugang entzogenes Gefühl, das mit dem<br />
‚Gewahrwerden des Nichtseins’ verbunden ist. 175<br />
Zum andern ist es nicht unmöglich, sich durch die Entscheidung für bestimmte<br />
prävalierende Interpretations – und Reaktionsmuster um die Entwicklung oder eben<br />
Aufbietung eines Gefühls als bewusst gewählter Haltung zu bemühen. Aber trotz<br />
174 Jonas. 1979. S. 65<br />
175 Vgl. Hans Achterhuis. 1995. S. 190<br />
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