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WAS TUT GUT? - Universiteit Twente

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einfache Tatsache, die unabhängig vom fragenden und nach der Wahrheit<br />

suchenden Subjekt Gültigkeit in Anspruch nehmen könne. Oberflächlich<br />

betrachtet ist das auch so. Rein biologisch lässt sich die Wahrheit über die<br />

Abstammung mit neunundneunzigprozentiger Sicherheit, wie die Testlabore<br />

angeben, herausfinden. Ob aber das fragende Subjekt wahrheitsfähig ist, wie<br />

Foucault schreibt, bleibt dabei außer Acht. Dass die Wahrheit, um tatsächlich<br />

als solche erkannt, und ich füge hinzu, integriert zu werden, und gar<br />

Seelenruhe zu ermöglich, eines Prozesses der Selbsttransformation der<br />

beteiligten Subjekte bedarf, wird dabei außer Acht gelassen. Statt zu<br />

‚erleuchten’ und damit zu wärmen und zu bereichern, droht sie zu lähmen und<br />

erkalten zu lassen.<br />

Ich kann den Gedanken hier nicht weiterverfolgen, weil er eine ganz<br />

eigene Vertiefung erfordert, die uns zu weit von unserem Zusammenhang<br />

abbringt. Es würde sich aber lohnen, ihm im Hinblick auf medizintechnologisch<br />

erschlossene Wahrheiten und ihre Wirkung noch weiter nachzugehen.<br />

Ganz praktisch hat die von der Philosophie der Lebenskunst intendierte<br />

Lebenshilfe ihren Ort seit Anfang der achtziger Jahre in sogenannten Philosophischen<br />

Praxen gefunden. Hier finden Ratsuchende umfassend gebildete Gesprächspartner,<br />

die sie darin unterstützen, sich über ihre Grundüberzeugungen, Zielsetzungen und<br />

Begriffsysteme klarzuwerden und gegebenenfalls ihr Leben neu zu organisieren.<br />

Dabei handelt es sich nicht um eine Form der Therapie. „Wer Lebensfragen hat, ist<br />

nicht therapiebedürftig, jedenfalls nicht im engeren, modernen Sinne des Wortes,<br />

das einen pathologischen oder dysfunktionalen Hintergrund voraussetzt“ 231 . Während<br />

es in der Psychotherapie, basierend auf psychoanalytischen oder tiefenpsychologisch<br />

fundierten Konzepten neurotischer und psychotischer Störungen, vorrangig um die<br />

Arbeit an psychogenen Kalamitäten geht, versteht sich die philosophische Beratung<br />

als ein offenes Angebot zur Klärung von Lebensfragen, eine Art Geburtshilfe,<br />

maieutike, im sokratischen Sinne, das auf jegliche Vorfestlegung hinsichtlich eines<br />

mit Gesundheit assoziierten Arbeitsziels verzichtet. Das philosophische Gespräch<br />

„ermöglicht den Gesprächspartnern, jeweils für sich selbst die Orientierung zu<br />

231 Wilhelm Schmid. 2004. S. 39

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