WAS TUT GUT? - Universiteit Twente
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Hans Achterhuis erläutert in seinem Buch Erfenis van de Utopie, dass die<br />
dystopischen Schreckbilder, die unter Bezugnahme auf Huxleys Brave New World<br />
angesichts technologischer Entwicklungen wiederkehrend geschildert werden, häufig<br />
auf wirklichkeitsfremden und vielfach schlicht falschen Annahmen über die<br />
Auswirkungen technologischer Entwicklungen beruhen, und von der Realität in den<br />
meisten Fällen nicht bestätigt werden. „Weder die Hoffnung der Utopisten, noch die<br />
Furcht der Dystopisten hat sich bewahrheitet.“ 141 Es gebe nämlich ein<br />
unaufhaltsames menschliches Streben die je gegebene Wirklichkeit durch Sprache,<br />
durch Bewusstsein und Kreativität zu übersteigen. Und dieses Streben, das<br />
Achterhuis als anthropologischen Unterschied beschreibt, werde auch durch die<br />
technologisch veränderte Wirklichkeit nicht aufgehalten, sondern entfalte sich in<br />
jedem neu gegebenen Kontext neu. „Zahlen und Berechnungen sind dominant<br />
präsent in unserer modernen Welt, aber Sprache und Kunst treten auf immer wieder<br />
unerwartete Weise in Beziehung zur Technik. Das Sprach – Tier Mensch verändert<br />
sich in der Form, aber es ist keineswegs bedroht.“ 142 (Übersetzung, mk)<br />
Man kann also mit Recht fragen: Ist Respekt für die menschliche Würde<br />
tatsächlich daran gebunden, dass die spezies – spezifischen, naturgegebenen<br />
Eigenschaften des Menschen unverändert bleiben? Kass ist überzeugt, dass die<br />
medizintechnologischen Fortschritte, mit denen unsere Gesundheit auf ungeahnte<br />
Weise verbessert und unser Leben in ungekannter Weise verlängert wird, „will make<br />
us to human midgets.” 143 Eine verkrüppelte Humanität sei es, die auf uns warte,<br />
gerade so wie von Huxley beschrieben. „The Brave New World has achieved<br />
prosperity, community, stability and near universal contentment, only to be inhabited<br />
by creatures of human shape but stunted humanity“. Stimmt das? Ignoriert eine<br />
solche Haltung nicht sträflich die bedrohlichen Aspekte gerade der menschlichen<br />
Natur, wie Krankheitsanfälligkeit, kognitive Beschränktheit und eine immense<br />
Zerstörungs – und Gewaltbereitschaft? Wäre nicht auch eine Erweiterung des<br />
Geltungsbereiches der Menschenwürde auf sogenannte posthumane Individuen<br />
vorstellbar, genauso wie im Laufe der historischen Entwicklung die Menschenwürde<br />
auch zunächst davon ausgeschlossenen Gruppen, wie Frauen und Sklaven zuerkannt<br />
141 Hans Achterhuis 1998 S. 77<br />
142 Hans Achterhuis 1998 S. 78<br />
143 Leon Kass. 2002. S. 22<br />
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