WAS TUT GUT? - Universiteit Twente
WAS TUT GUT? - Universiteit Twente
WAS TUT GUT? - Universiteit Twente
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
möglicherweise nicht miteinander vereinbar. In Zukunft, vermutet Damm, wird das<br />
Recht auf Nichtwissen zunehmend zurückgedrängt werden und zwar aus folgenden<br />
Gründen: Aus Sicht der Technikentwicklung handele es sich um einen defensiv<br />
antizyklischen Irrläufer, der nur ein schwaches Instrument zur Abwehr sozialer<br />
Zwänge, die aus der Technik resultieren, darstelle.<br />
Zudem gelte, „Je abhängiger die Betroffenen... desto mehr verblasst die<br />
Einwilligung zur Fiktion.“ 95 Auch führe die Gefahr der Haftbarmachung im Falle eines<br />
Aufklärungspflichtversäumnisses dazu, dass ein Arzt eher dem Recht auf Wissen<br />
Rechnung trage, als dem Recht auf Nichtwissen. 96<br />
Insgesamt sei eine „tendenziell offenbar stärker werdende Inpflichtnahme<br />
genetischer Risikoträger über „Verantwortungs“ - und „Solidaritäts - pflichten“ zu<br />
beobachten. Dabei ziele der erste Gesichtspunkt etwa auf Verantwortung gegenüber<br />
Verwandten, der zweite Gesichtspunkt beispielsweise auf Solidarität im Rahmen von<br />
Arbeitsverhältnissen und namentlich Versicherungsgemeinschaften. Insgesamt<br />
beobachtet Damm eine „bemerkenswerte neue, gewissermaßen seitenverkehrte<br />
Verantwortungsethik“ 97 , die genetische Belastete in die Pflicht nehme, Genanalysen<br />
vornehmen zu lassen und deren Ergebnisse auch zu offenbaren.<br />
Hinsichtlich genetischer Untersuchungen an Kindern gebe es bislang keine<br />
vollständige Sicherheit in der Frage, wann diese indiziert seien. Grundsätzlich gehe<br />
man davon aus, dass Minderjährige nicht auf Krankheiten getestet werden sollen,<br />
„die so gut wie sicher erst im Erwachsenenalter ausbrechen, zumal dann, wenn keine<br />
sehr wirksamen Behandlungsmöglichkeiten existieren (z.B. Chorea Huntington oder<br />
Morbus Alzheimer).“ 98 Nur in Bezug auf behandel- oder verhinderbare Krankheiten,<br />
wie z.B. Phenylketonurie, Fettstoffwechselstörungen oder kindliche<br />
Krebserkrankungen, bei denen mittels Diät, Medikamenten oder wiederholten<br />
Vorsorgeuntersuchungen medizinische Einflussnahme möglich ist, gelte ein Gentest<br />
bei Kindern als legitim, so die allgemeine Auffassung. Da es aber bislang keinen<br />
verbindlichen Indikationskatalog gebe, existiere ein großer Ermessenspielraum.<br />
95<br />
Reinhard Damm. 1999. S. 447<br />
96<br />
Geltungsbedürfnis und Stolz auf die eigene Kenntnis mögen als weitere Gründe hinzugefügt<br />
werden, die eine Ärztin veranlassen können, ihrer Patientin etwas mitzuteilen, was diese gar nicht<br />
wissen will.<br />
97<br />
Reinhard Damm. 1999. S. 448<br />
98<br />
Reinhard Damm. 1999. S. 442<br />
76