WAS TUT GUT? - Universiteit Twente
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Überlegungen der am Hunter College, City University in New York lehrenden<br />
Wissenschaftlerin will ich im Folgenden einige Aufmerksamkeit schenken.<br />
Tronto legt dar, inwiefern bestimmte, von ihr so genannte moral boundaries<br />
verhindern, dass Themen und Werte, denen eigentlich eine zentrale Bedeutung für<br />
moralisches Handeln zukommt, in angemessener Weise ins Blickfeld gelangen. Mit<br />
moral boundaries bezeichnet sie normalerweise nicht reflektierte Grundannahmen,<br />
die den moralischen Diskurs und die politische Realität prägen und in bestimmten<br />
Bahnen festschreiben. 122 Sie dienen, so führt Tronto aus, der Etablierung und<br />
Erhaltung von Machtstrukturen, die einigen Themen und Menschengruppen einen<br />
zentralen und bedeutungsvollen Status zusichern, während andere Themen und<br />
Menschengruppen an der Peripherie angesiedelt und damit einen untergeordneten<br />
und machtlosen Status zugewiesen bekommen.<br />
Tronto nennt drei für ihren Ansatz einer Sorgeethik zentrale moral boundaries:<br />
Erstens die Grenze zwischen Politik und Moral, zweitens die Grenze des moralischen<br />
Standpunkts und drittens die Grenze zwischen Privat und Öffentlich. Alle drei<br />
Grenzen bedürfen, so Tronto einer Revision, will man, wie sie es beabsichtigt und im<br />
Hinblick auf die Realisierung einer ‚guten Gesellschaft’ für notwendig erachtet, die<br />
durch diese boundaries ausgegrenzten Ressourcen fruchtbar machen. Bei diesen,<br />
von der philosophischen Tradition und politischen Theorie ausgeblendeten<br />
Ressourcen handelt es sich vor allem um Werte, Fähigkeiten und Einsichten, die sich<br />
aus den Fragen und Aufgaben ergeben, „that have traditionally informed the lives of<br />
women, and servants, slaves and workers”. 123 Und diese Fragen ranken sich ganz<br />
zentral um das Thema (Für-)Sorge. Menschen sind bekanntlich Wesen, die in ganz<br />
besonderer Weise nachhaltig und langfristig - und in den verschiedenen<br />
Lebensphasen immer wieder in unterschiedlicher Weise - auf Sorge angewiesen sind.<br />
Ein Großteil ihrer Existenz wird durch die Realitäten und Notwendigkeiten des<br />
Versorgt - werdens und Sorgens bestimmt. Und der weitaus größte Teil der<br />
konkreten Sorge für Kinder, Alte, Kranke und anderweitig Bedürftige wird von Frauen<br />
und sogenannten unterprivilegierten Gesellschaftsschichten geleistet.<br />
122 Wenn man das Konzept der moral boundaries auf andere Zusammenhänge überträgt, könnte man<br />
vermutlich auch das von Tsjalling Swierstra benannte Abwehrparadigma als moral boundary<br />
bezeichnen. Es prägt nach seiner Analyse in ähnlicher, den Blick verengender, Weise die Reflexion.<br />
123 Joan Tronto. 1993. S. 3<br />
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