WAS TUT GUT? - Universiteit Twente
WAS TUT GUT? - Universiteit Twente
WAS TUT GUT? - Universiteit Twente
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
sind die Qualitäten, die Joan Tronto in ihrer Ethic of care zunächst für einen weiteren<br />
Kontext herausgearbeitet hat 241 und die mittlerweile ihren Weg in die medizinische<br />
Welt gefunden haben.<br />
Während der regelethische Ansatz in der medizinischen Praxis schnell an seine<br />
Grenzen stößt, und oft nur geringen praktischen Nutzwert entfaltet, eröffnet der<br />
zweite, sorgeethische Ansatz in schwierigen medizinischen Situationen und<br />
angesichts komplexer Fragestellungen häufig eher einen Zugang, indem er eine<br />
größere Nähe zur Lebenswirklichkeit der betroffenen Menschen schafft und stärker<br />
die jeweilige konkrete Situation in den Blick nimmt. Er erleichtert es, dem<br />
Gesamtzusammenhang gerecht zu werden und auf der Basis sorgfältiger<br />
Wahrnehmung nach bestem Wissen und Gewissen zu entscheiden. Allerdings fehlt<br />
diesem Konzept eine eigenständige übergeordnete Orientierung. Es verharrt leicht im<br />
prozeduralen know – how. Die Aufmerksamkeit wird konzentriert auf eine<br />
kompetente Praxis, auf kluges, aufmerksames, einfühlsames,<br />
verantwortungsbewusstes, professionelles Handeln, das den Menschen, um den es<br />
geht, in seiner je gegebenen Singularität wahrnimmt und ernstnimmt. Das ist<br />
ausgesprochen wichtig, aber doch nicht ausreichend, weil es im Hinblick auf<br />
Gesundheit und Krankheit zunehmend nicht nur auf eine solcherart optimierte Praxis<br />
ankommt, sondern immer mehr darauf, sich Rechenschaft über die angestrebten<br />
Ziele abzulegen, Entwicklungsrichtungen auszukundschaften und das ungeheure<br />
Potential medizinischer Möglichkeiten nach Maßgabe einer reflektierten Vorstellung<br />
von dem, was das Leben zu einem guten Leben macht, zu strukturieren und zu<br />
formen; und zu diesen Themen hat die Sorgeethik aus sich heraus nicht viel zu<br />
sagen. Sie hantiert keine Philosophie jenseits der praktischen Rationalität und bringt<br />
keine Grundüberzeugungen ein, die über den dargestellten Rahmen hinausgehen.<br />
Hier kommt nun die Heuristik der Lebensfreude ins Spiel. Sie nimmt diesen<br />
kontextuellen Ansatz als Weiterentwicklung der Regelethik auf und geht noch einen<br />
Schritt darüber hinaus, indem sie mit der Lebensfreude eine allgemeine<br />
Zielvorstellung medizinischen Handelns, ja menschlichen Handelns insgesamt<br />
benennt und ins Zentrum der Aufmerksamkeit rückt. Damit stellt sie zum einen einen<br />
konzeptionellen Überbau bereit, der dem prozeduralen know - how eine inhaltliche<br />
241 Joan Tronto. 1993. S. 103<br />
166