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WAS TUT GUT? - Universiteit Twente

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Entwicklung vollzog und der Rationalität als Quelle der Moral eine größere Bedeutung<br />

zuzuschreiben begann. 125<br />

Parallel zu diesen Entwicklungen vollzog sich eine Umdefinition der Rolle der<br />

Frau. Nachdem der Haushalt aufgehört hatte die primäre ökonomische<br />

Produktionseinheit sowohl für Männer wie für Frauen zu sein, stellte sich die Frage<br />

nach Aufgabe und Position der Frau in der Gesellschaft neu. Frauen zeigten eine<br />

stärkere öffentliche Präsenz und strebten nach Bildung und Einfluss genauso wie die<br />

Männer des Bürgertums. Dieser Prozess löste, wie Tronto ausführt, auf Seiten der<br />

männlichen Bevölkerung Ängste aus, und ließ das Interesse, die Frauen ‚in Schach zu<br />

halten’ (Tronto verwendet den Begriff to contain) erstarken. Als probates Mittel<br />

erwies es sich, sie in den Bereich des Privaten zurück zu drängen, um so ihren<br />

Einflussbereich einzudämmen. In diesem Zusammenhang kam die Revision ethischer<br />

Grundkonzepte gerade gelegen, da der neu als separat definierte Bereich moralischer<br />

Gefühle der Familie, und damit unter den neuen Verhältnissen vor allem den Frauen<br />

zugeordnet werden konnte. Ihnen, die aufgrund ihrer potentiellen Mutterschaft und<br />

der darin begründeten besonderen Beziehung zum Kind prädestiniert fürs Emotionale<br />

erschienen, wurde damit gleichsam ein eigener Zuständigkeitsbereich geschaffen.<br />

Gleichzeitig wurden auf diese Weise sie - und mit ihnen die für ihre jetzt neu<br />

festgelegten Aufgaben relevanten Fragen - von politischer Präsenz, Einflussnahme<br />

und ökonomischer Macht ausgeschlossen. Die Frauen galten fortan als<br />

gefühlsbetonte Wesen, während die im öffentlich – politischen Bereich tätigen<br />

Männer als vorwiegend vernunftgesteuert betrachtet wurden. Damit war die von<br />

Susan Okin so genannte sentimental family kreiert, die als Hort des Guten, Wahren,<br />

Schönen fungieren sollte, während das öffentliche Leben nicht länger mit<br />

moralischen Qualitäten assoziiert wurde.<br />

Die von Tronto beschriebenen moral boundaries waren somit etabliert: Die<br />

Grenze zwischen Moral und Politik, die suggeriert, dass beispielsweise Fragen der<br />

Verteilung von Ressourcen nichts mit moralischen Überzeugungen zu tun haben; die<br />

Grenze des moralischen Standpunkts, die suggeriert, das moralisch Gebotene sei nur<br />

125 Hatte er seine moraltheoretischen Überlegungen zunächst an der in einem Gefühl von Anstand<br />

beruhenden Fähigkeit sich in seine Mitmenschen hineinzuversetzen, an Sympathie, festgemacht,<br />

gewann für ihn zunehmend die Überzeugung, dass Eigeninteresse und Berechnung es sind, die<br />

Menschen veranlassen, sich (entfernten) anderen gegenüber moralisch verantwortlich zu verhalten,<br />

an Bedeutung. Vgl. Joan Tronto. 1993. S. 45 ff.<br />

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