WAS TUT GUT? - Universiteit Twente
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eigenen Einsicht folgen kann, denn es verantwortet seine Lebensführung<br />
schließlich mit seiner Existenz.“ 225<br />
Die Philosophie der Lebenskunst sucht Menschen in ihrer Aufmerksamkeit für<br />
alle Zusammenhänge der gesamten erfahrbaren Lebenswelt zu unterstützen, ihre<br />
Wahrnehmung zu verfeinern, an einem Gespür für das je Gegebene zu arbeiten,<br />
möglichst weite Erfahrungsräume zu erschließen und über eine, auf leiblicher, das<br />
heißt integrierter und nicht rein kognitiver Intelligenz beruhende Reflexion zu einem<br />
ausgewogenen Urteil zu gelangen über das, was wahrhaft gut ist 226 und dem<br />
Individuum dazu verhilft, zu werden, was es ist. So regt sie – und das ist für unseren<br />
Kontext der Medizintechnologie bedeutsam - beispielsweise dazu an, im Sinne von<br />
Sokrates, der sagte, dass, wenn man auf sich achte, man kaum einen Arzt finden<br />
könne, der besser wisse, was für einen gut sei, als man selbst, sich auf die eigene<br />
leibliche Kenntnis zu konzentrieren, anstatt zu glauben, dass man durch die<br />
Rezeption naturwissenschaftlicher Erkenntnisse gesünder werde.<br />
Für die Philosophie der Lebenskunst steht das einzelne, sich selbst Gestalt<br />
gebende Individuum im Zentrum. Das Individuum, „das sich nicht von<br />
individualistischer Arroganz leiten lässt, sondern sich selbst zu führen, ein<br />
reflektiertes Verhältnis zu sich selbst zu begründen, starke Beziehungen zu anderen<br />
herzustellen und sich an der Gestaltung von Gesellschaft zu beteiligen versucht.“ 227<br />
Es geht ihr darum, die Selbstmächtigkeit des Individuums zu bestärken, mit der es<br />
seine Freiheitsräume gegen die Bevormundung durch heteronome Mächte zu<br />
bewahren weiß. Indem das Individuum lernt, die Welt sehr genau wahrzunehmen<br />
und die Phänomene der Existenz auf unterschiedlichsten Ebenen zu analysieren und<br />
zu reflektieren, gewinnt es Spielräume der Selbstmächtigkeit, innerhalb derer es<br />
Wirkung entfalten kann. Aus dem eigenen Leben ein Kunstwerk zu machen heißt<br />
somit auch, in verantwortlicher Weise Macht auszuüben hinsichtlich der Gestaltung<br />
des eigenen wie des gemeinschaftlichen Lebens und dabei das eigene Handeln so zu<br />
reflektieren, dass Macht noch über den eigenen Machttrieb verfügbar ist. Ganz im<br />
Sinne der alten Zeilen:<br />
225 Wilhelm Schmid. 1998. S. 55<br />
226 Vgl. für diesen Abschnitt Wilhelm Schmid. 1998. S. 199<br />
227 Wilhelm Schmid. 1998. S. 165