WAS TUT GUT? - Universiteit Twente
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Das habe zur Folge, dass erstens die Befreiung von der mastery of nature<br />
letztlich gar nicht stattfinde, bleibe der Mensch doch, indem er die Natur meistert, in<br />
ihrem Griff; und dass zweitens die Herrschaft der Natur, an den Stellen, wo sie dann<br />
doch überwunden werden könne, nur gegen die Macht einiger über andere<br />
eingetauscht werde, wobei die Kenntnisse über die Natur das<br />
Herrschaftsinstrumentarium darstellten. 136<br />
Im Übrigen weckten die Lebenserleichterungen, die die Technik ermögliche,<br />
vielfach nur neue Bedürfnisse und schüfen neue Abhängigkeiten. Ganz so, wie<br />
Rousseau es schon vor Jahrhunderten formulierte, als er den Preis beschrieb, der<br />
schon für die ersten Versuche, die harshness of life zu erleichtern, zu zahlen war:<br />
„For,..., as these commodities had lost almost all their pleasentness through habit,<br />
and as they had at the same time degenerated into true needs, being deprived of<br />
them became much more cruel than possessing them was sweet; and people were<br />
unhappy to lose them without being happy to have them.“ 137<br />
Kass setzt sich sprachgewaltig und mit alttestamentarischer Leidenschaft für<br />
eine Einbindung von Ethik in natürliche Zusammenhänge ein. Er knüpft explizit an die<br />
Bibel und an Aristoteles an, wenn er betont, Ethik beginne mit Praxis, mit Taten und<br />
denen, die sie vollbringen, und bewege sich erst von dort aus zur Reflexion. „The<br />
true source of action is not abstract thought, nor even thought applied to some<br />
separate motor or motive force, but rather a concretion, a grown – togetherness, of<br />
appetite and mind, so intertwined that one cannot say for sure whether the human<br />
principle of action is a species of desire become thoughtful, or an activity of<br />
intellectual suffused with appetite.“ 138<br />
Den Schriften Kass’ ist sein Engagement, seine existentielle Betroffenheit<br />
durch die ihn umtreibenden Fragen, seine, bei aller sachlichen Argumentation, starke<br />
emotionale Präsenz abzuspüren. Das entspricht dem expliziten Anliegen seines<br />
Philosophierens, den Fragen der Moderne mit mehr Leidenschaftlichkeit zu<br />
begegnen. Nach seiner Einschätzung gerät der ethische Diskurs leicht allzu dürr und<br />
spröde und lässt den notwendigen Esprit vermissen, der für eine praktische<br />
Wirksamkeit moralischer Erwägungen unabdingbar ist. Hier klingen die Worte Hans<br />
136 Leon Kass. 2002. S. 40<br />
137 Zitiert bei Leon Kass. 2002. S. 47<br />
138 Leon Kass. 2002. S. 68<br />
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