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WAS TUT GUT? - Universiteit Twente

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eine empirische, auf genaue Beobachtung gründende Weltsicht herangeführt wurden<br />

und an die Stoa, in der gelehrt wurde, alles Seiende werde durch ein göttliches<br />

Prinzip regiert und es käme für den Einzelnen darauf an, in dieser Ordnung mittels<br />

Selbstbeherrschung und Gelassenheit seinen Platz einzunehmen.<br />

All diese Bemühungen um eine philosophische Verankerung der menschlichen<br />

Existenz fanden ihr vorläufiges Ende, als die christliche Weltsicht zum bestimmenden<br />

Erklärungsmodus der von Rom aus beherrschten Welt wurde, und ein ‚Monopol’ auf<br />

die ‚richtige’ Weltsicht und Lebensführung beanspruchte, so dass alternative Ansätze<br />

weitgehend in den Hintergrund traten. Das Jahr 529 n. Chr. kann als<br />

Markierungspunkt für diesen Übergang gesehen werden. In dem Jahr wurde die<br />

platonische Akademie in Athen, nachdem sie rund 800 Jahre bestanden hatte, auf<br />

Geheiß Kaiser Justinians I. geschlossen, der im Zuge einer Restauration des<br />

Römischen Reiches nicht – christliche Denkansätze unterbinden wollte.<br />

Danach vergingen tausend Jahre, in denen an die Stelle der „Sorge des Selbst<br />

für sich und die eigene Seele“ die „’Seelesorge’ eines christlichen Hirten für das<br />

verwerfliche Selbst“ 219 trat. Erst in der Philosophie der Renaissance, im 14. und 15.<br />

Jahrhundert, fand, indem der Humanismus in Europa zur bestimmenden<br />

Geistesbewegung avancierte, die Lebenskunst zum Beispiel bei Petrarca, Pico della<br />

Mirandola und Erasmus von Rotterdam erneut Beachtung. Es war schließlich in<br />

besonderer Weise Michel de Montaigne (1533 – 1592), der mit seinen Essais der<br />

Lebenskunst zu neuer Blüte verhalf und damit eine große Wirkung auf nachfolgende<br />

Generationen von Denkern entfaltete. So auch beispielsweise auf Johann Amos<br />

Comenius, der im 17. Jahrhundert die neuzeitliche Pädagogik begründete. Der<br />

erkannte in einer breiten Schichten zugänglichen Bildung, die das Individuum zur<br />

eigenständigen Urteilsfindung und damit zur Gestaltung seiner selbst und zur<br />

Verbesserung der irdischen Verhältnisse befähigt, eine wichtige Voraussetzung zur<br />

Realisierung von gesellschaftlich fruchtbarer Lebenskunst. Comenius wollte mit<br />

seinem pädagogischen Konzept die Ausbildung lebenspraktischer Klugheit befördern,<br />

die er in seinem viel gelesenen Buch „Orbis sensualium pictus“ aus dem Jahr 1658<br />

als Fähigkeit zur Rücksicht, Umsicht, Vorsicht und Voraussicht skizzierte 220 , ein<br />

Vierergespann von in Lebenskunst geschulten Sichtweisen, das – wie wir gleich noch<br />

219 Wilhelm Schmid. 1998.II. S. 2<br />

220 Vgl. Wilhelm Schmid. 1998. S. 310<br />

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