WAS TUT GUT? - Universiteit Twente
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Ausrichtung gibt; zum anderen verweist sie in ihrer Bezugnahme auf die reflektierte<br />
Lebenskunst auf ein schier unerschöpflich erscheinendes Reservoir menschlicher<br />
Weisheit, die in den, von der modernen Philosophie der Lebenskunst neu<br />
erschlossenen Schriften bedeutender Denker von der Antike bis zur Gegenwart, als<br />
philosophische Lebenshilfe zugänglich ist, und macht sie für das medizinische<br />
Arbeitsfeld verfügbar. Gleichzeitig initiiert sie eine markante Akzentverschiebung:<br />
Nicht Gesundheit wird als das vorrangige Ziel aller Bemühungen des<br />
Gesundheitswesens definiert, sondern Lebensfreude. Gesundheit ist Mittel zum<br />
Zweck, aber nicht Ziel in sich.<br />
Die Heuristik der Lebensfreude basiert auf der Annahme, dass nur über die<br />
Integration einer Vorstellung von gelingendem Leben und in Kenntnis seiner<br />
Möglichkeitsbedingungen, medizinischer Fortschritt dazu führt, dass Menschen nicht<br />
nur objektiv gesünder, sondern auch subjektiv ‚wohler’ werden. Für diese Ausweitung<br />
des Blicks stellt sie das passende Handwerkszeug bereit.<br />
An dieser Stelle möchte ich eine mögliche Kritik an meinem Konzept<br />
vorwegnehmen und im Voraus entkräften: Man könnte nämlich im Hinblick auf die<br />
Lebensfreude als heuristisches Prinzip einen Einwand vorbringen, den ich selbst in<br />
Bezug auf Hans Jonas Einführung der Furcht als ‚aufzubietendem Gefühl’<br />
angesprochen habe: nämlich, dass Lebensfreude, ebenso wie Furcht, eine<br />
unwillkürliche Empfindung ist, die sich nicht auf Geheiß einstellt. Deshalb sei hier<br />
explizit noch einmal darauf hingewiesen: Ich erhebe nicht die Forderung Freut Euch<br />
des Lebens, sondern ich greife Lebensfreude als Grundmotiv menschlicher Existenz<br />
auf und erläutere, welche Rahmenbedingungen als Möglichkeits -, (nicht als<br />
Erfüllungs -) voraussetzungen notwendig sind, damit sie sich in der Erfahrung und im<br />
Bewusstsein von Individuen und Gesellschaften realisieren kann, um daran die<br />
Forderung anzuknüpfen, dass technologische Entwicklungen im Bewusstsein dieser<br />
Rahmenbedingungen so vorangetrieben werden, dass die durch sie gesetzten<br />
Notwendigkeiten respektiert werden. Ob Lebensfreude dann tatsächlich zum<br />
bedeutsamen Erfahrungsmodus von Individuen wird, ist von vielerlei subjektiven<br />
Faktoren abhängig, und kann weder gefordert, noch organisiert werden, ist aber<br />
damit auch nicht Objekt gesellschaftlichen Handelns.<br />
Rekapitulieren wir noch einmal, von welchen Kriterien und<br />
Möglichkeitsbedingungen der Lebensfreude in den vorausgegangenen Kapiteln die<br />
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