WAS TUT GUT? - Universiteit Twente
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Damit sind wir am Ende dieses Kapitels und auch am Ende dieser<br />
Erörterungen angekommen. Welche Erkenntnisse, welche Empfehlungen lassen sich,<br />
um das Dargestellte zusammenfassend noch einmal auf den Punkt zu bringen, nun<br />
aus der Heuristik der Lebensfreude gewinnen?<br />
Zunächst einmal ganz allgemein die Empfehlung, an einer biophilen Kultur zu<br />
arbeiten, die sich an dem orientiert, was dem Lebendigen zuträglich, dem Menschen<br />
dienlich ist; was von Angst befreit, was Freude macht, was Entwicklungsspielraum<br />
verspricht, was Wissen schafft, was Selbstmächtigkeit fördert. Diese Kulturarbeit ist<br />
von allen Menschen zu leisten und zwar potentiell an jedem Ort und in jedem Bereich<br />
und gar nicht nur – wie jetzt in unserem Zusammenhang - auf das Medizinsystem<br />
beschränkt.<br />
Die Möglichkeitsbedingungen der Lebensfreude stellen dabei einen Kanon zur<br />
Verfügung, anhand dessen die für eine biophile Kultur relevanten Fragen immer<br />
wieder neu zu stellen sind: Tut das, was geschieht oder was ich oder jemand anders<br />
tut, gut? Macht es Freude? Nimmt es Schmerzen? Mindert es Angst? Klärt es auf?<br />
Macht es stark? Trägt es zur Balance bei?<br />
Eine Gesellschaft, die ihr Handeln an dem Leitmotiv der Lebensfreude<br />
ausrichtet, bemüht sich darum, alles Geschehen, alle Abläufe so zu gestalten, dass<br />
diese Fragen mit Ja beantwortet werden können. Dass es Zwänge und<br />
Notwendigkeiten gibt, die ein ganz anders gelagertes Handeln erforderlich zu<br />
machen scheinen, ist bekannt. Doch darauf lässt sich mit Epikur antworten: „Ein Übel<br />
ist der Zwang. Doch was zwingt uns, unter Zwang zu leben?“ 300 Von Epikur können<br />
wir lernen, dass den Widrigkeiten mit einer radikalen Ausrichtung des Lebens an<br />
dem, was angenehme Empfindungen auslöst, und mit der freundlich bestimmten und<br />
unbeirrbaren Entschiedenheit, die Existenz so zu gestalten, dass sie bejahenswert ist,<br />
durchaus zu begegnen ist.<br />
Damit das in einer modernen Gesellschaft, im Hinblick auf hochkomplexe<br />
Institutionen und hochentwickelte Technologie gelingt, bedarf es einer nicht geringen<br />
Kompetenz. Es braucht Kenntnis und Können, Klugheit, Umsicht, Achtsamkeit und im<br />
Zweifel die gesamte Weisheit der Menschheitsgeschichte. Aber was sollte die<br />
Menschen daran hindern, neben all ihrer organisatorischen und technologischen<br />
300 Epikur.1988. S. 77<br />
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