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WAS TUT GUT? - Universiteit Twente

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den Kräften des Lebens zu behaupten. Fromms Ausführungen über den nekrophilen<br />

Menschen passen – obwohl ursprünglich in einen ganz anderen Kontext gehörend -<br />

nahtlos zur Kasschen Gegenwartsanalyse der alles dominieren wollenden rational<br />

mastery of nature:<br />

146<br />

„Während das Leben durch strukturiertes, funktionales Wachstum<br />

gekennzeichnet ist, liebt der nekrophile Mensch alles, was nicht wächst, alles,<br />

was mechanisch ist. Der nekrophile Mensch wird von dem Verlangen<br />

getrieben, Organisches in Anorganisches umzuwandeln, das Leben so<br />

mechanisch aufzufassen, als ob alle lebendigen Menschen nichts anderes<br />

seien als Dinge. Alle Lebensprozesse, alle Gefühle und Gedanken wandelt er in<br />

Dinge um. Für ihn zählt nur die Erinnerung und nicht das lebendige Erleben,<br />

es zählt das Haben und nicht das Sein. Der Nekrophile kann zu einem Objekt –<br />

einer Blume oder einem Menschen – nur dann in Beziehung treten, wenn er<br />

sie besitzt; daher bedeutet ihm eine Bedrohung seines Besitzes eine<br />

Bedrohung seiner selbst; verliert er den Besitz, so verliert er den Kontakt mit<br />

der Welt. Daher seine paradoxe Reaktion, dass er lieber sein Leben als seinen<br />

Besitz verlieren würde, obwohl er ja mit dem Verlust seines Lebens aufhört,<br />

als Besitzender zu existieren. Er möchte über die anderen herrschen und tötet<br />

dabei das Leben. Eine tiefe Angst vor dem Leben erfüllt ihn, weil das Leben<br />

seinem Wesen nach ungeordnet und unkontrollierbar ist. Typisch für diese<br />

Einstellung ist die Frau, die in der Geschichte vom Salomonischen Urteil zu<br />

Unrecht behauptet, die Mutter des Kindes zu sein. Sie will lieber ein in zwei<br />

Teile geteiltes totes Kind haben, als ein lebendiges verlieren.“ 197<br />

Sowohl Fromm wie Kass sind von ihrer Art zu denken zum einen verwurzelt in<br />

der jüdischen Tradition, die der irdischen Existenz in allen Facetten, dem<br />

geschichtlichen Werden und dem Narrativ immer einen besonderen Platz eingeräumt<br />

hat, und zum andern verortet im Kreis humanistischer Philosophien, von denen<br />

Fromm schreibt, diese Philosophien hätten zwar unterschiedliche Begriffssysteme,<br />

doch seien sie alle vom gleichen Geist erfüllt wie die Spinozas, dessen Ethik ein<br />

197 Erich Fromm. 1981. S. 37

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