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WAS TUT GUT? - Universiteit Twente

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Anspruch auf Anwendung künstlicher Befruchtungsverfahren mit allen verwandten<br />

Technologien. Fukuyama merkt dazu sarkastisch an: „It may come as a surprise to<br />

many that they have a fundamental right to do something that is not, as yet, fully<br />

possible technologically, but such is the wonderfully elastic nature of contemporary<br />

rights talk.” 114<br />

Der dritte Grund schließlich hat nicht vorrangig mit den lebenspraktischen<br />

Modalitäten der Bezugnahme auf Menschenwürde und Menschenrechte zu tun,<br />

sondern führt uns in die Struktur ihrer philosophiegeschichtlich bedeutsamen<br />

Verankerung in der Vernunft, die vor allem auf den Einfluss Immanuel Kants<br />

zurückgeht. Darin ist bewusst und absichtlich eine Dekontextualisierung impliziert<br />

(auf die Hintergründe gehe ich im Folgenden noch ein), die vor gut 200 Jahren dem<br />

damaligen Denken eine völlig neue Wendung gab, und Fortschritt bedeutete, sich<br />

heute aber an vielerlei Stellen als hinderlich erweist und überholt erscheint. Der<br />

dominierende Rationalismus dieser Auffassung, der zusätzlich gespeist wird aus einer<br />

intellektualisierenden, leibfeindlichen christlichen Tradition, wird weder den<br />

Erfahrungen noch den Erfordernissen der Moderne gerecht. Die beschränkende<br />

Engführung der legitimerweise in Entscheidungsfindungen einzubeziehenden<br />

Parameter auf vernunftkorrelierte Komponenten weckt allenthalben Unzufriedenheit.<br />

Nicht von ungefähr vertreten deshalb zahlreiche Autoren die Ansicht, man<br />

müsse Menschenwürde und Menschenrechte wieder stärker kontextualisieren, wolle<br />

man ihnen ihre richtungsweisende Signifikanz bewahren. Namhafte Philosophen vor<br />

allem in den Vereinigten Staaten setzen sich vor diesem Hintergrund ein für eine<br />

bessere Verankerung der Menschenwürde in anthropologischen Grundannahmen, in<br />

Aussagen über die Natur des Menschen und in konkreten Lebenszusammenhängen.<br />

In diesen Bestrebungen finden neben aristotelischen Motiven vor allem auch jüdische<br />

Denktraditionen einen Ausdruck. Das biblisch hebräische Verständnis des Menschen<br />

in seiner fleischlich – seelischen Ganzheit und seinem historischen Gewordensein, an<br />

dessen Ursprung das Narrativ einer langen Kette von Zeugungen liegt, durch die eine<br />

Generation aus der anderen hervorgegangen ist, (Genesis 10, die Völkertafel) und<br />

das bei aller vertikalen Orientierung eine sehr lebensnahe, irdische Prägung hat,<br />

weist hier den Weg zu einer anders gefüllten Vorstellung von Menschenwürde. Damit<br />

114 Francis Fukuyama. 2003. S. 107<br />

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