WAS TUT GUT? - Universiteit Twente
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Individuum (...). Dahinter verbirgt sich vielleicht eine neue Herrschaftsstrategie.<br />
Diese folgt nicht mehr dem Prinzip von Fürsorge und Bevormundung, sondern dem<br />
der Selbstverantwortung und Selbstzurechnung (...). Selbstentfaltung heißt: Jeder<br />
wird nun zum Dompteur seiner Anpassung zum Weniger." 63<br />
Die Solidargemeinschaft ist dabei eine neue Balance zu finden und sie tut dies,<br />
indem sie zunächst alt gediente Solidaritäten aufkündigt. Das wirkt sich nachhaltig<br />
auch auf das Gesundheitswesen aus. Bislang wurden die Behandlungskosten für alle<br />
Versicherten getragen, ohne darauf zu schauen, inwiefern möglicherweise ein<br />
individuelles Fehlverhalten zur Entstehung einer Krankheit geführt oder zumindest zu<br />
ihrer Genese beigetragen hat. Und eben das ändert sich zurzeit. Und der Proteinchip<br />
stellt möglicherweise die technischen Voraussetzungen bereit, die eine solche<br />
Differenzierung ermöglichen. Anders als im Kontext der Gen - Analytik , die sich auf<br />
die naturgegebene Ausstattung eines Individuums bezieht, kommt, wie ausgeführt,<br />
bei der Protein- Analytik stärker das individuelle Handeln in den Blick. Und wo das<br />
Handeln analysiert wird, sind Begriffe wie Verantwortung und Schuld nicht weit zu<br />
suchen. Damit kommen Faktoren zum Tragen, die bislang im Gesundheitswesen<br />
keine Rolle gespielt haben. Konkret bedeutet das: bei persönlichem Mitverschulden<br />
einer Erkrankung, etwa durch übermäßigen Nikotinkonsum, sollen von der<br />
Solidargemeinschaft der Versicherten nicht mehr im bislang üblichen Maße<br />
Therapiekosten übernommen werden. Vor diesem Hintergrund könnte der<br />
Proteinchip als Kontrollinstrumentarium funktionalisiert werden.<br />
6. Der Proteinchip als Instrument der Selbstbeobachtung<br />
Gleichzeitig bietet der Proteinchip ganz neue Möglichkeiten der<br />
Selbstbeobachtung. Man kann sich vorstellen, dass er in nicht allzu ferner Zukunft<br />
auch für den häuslichen Gebrauch eingesetzt werden könnte, um so den Nutzern<br />
eine differenzierte Kontrolle ihrer Körperfunktionen zu ermöglichen. Ganz ähnlich wie<br />
es heute die in vielen Haushalten vor allem älterer Menschen vorhandenen<br />
Blutdruckmessgeräte tun. Oder wie es schon seit langem mittels Waagen oder<br />
Thermometern möglich ist.<br />
63 Ulrich Beck. 2005. S. 48<br />
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