WAS TUT GUT? - Universiteit Twente
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anderem weil der Mensch sich der eigenen Mängel angesichts der Widerständigkeit<br />
der Existenz nur allzu bewusst ist, und oft unruhig und wankelmütig mäandert. Der<br />
Verweis auf Selbstmächtigkeit spiegelt die Erfahrung einer fundamentalen Ohnmacht<br />
und Ungesichertheit und einer darin wurzelnden grundsätzlichen Angst, die darum<br />
weiß, dass alles zusammenstürzen und enden kann, das eigene Leben, der kleine<br />
private Mikrokosmos, die ganze Welt; Selbstgenügsamkeit gewinnt im<br />
Zusammenhang der Lebensfreude deshalb Bedeutung, weil Gier dem Menschen<br />
vertraut ist; das Verlangen, sich Dinge einzuverleiben, überall gleichzeitig sein, nichts<br />
verpassen, nicht zu kurz kommen zu wollen. Balance weist hin auf die Erfahrung der<br />
Unausgewogenheit, des Übermaßes in einem und des Verkümmerns in einem<br />
anderen Lebensbereich. Und die ars Moriendi gehört dazu, weil Sterben offensichtlich<br />
schwer ist, weil es an den Rand führt, weil es mit dem grundsätzlich Unbekannten<br />
konfrontiert.<br />
Wer sich mit der körperlichen und seelischen Verfasstheit von Menschen<br />
befasst, wer sich mit Gesundheit und Krankheit beschäftigt, an welcher Stelle des<br />
Medizinbetriebs auch immer, tut gut daran, sich dieser anthropologischen<br />
Grundparameter bewusst zu sein und sie auch konzeptionell in seine Vorstellungen<br />
von dem, was ein qualitativ gutes medizinisches Handeln ausmacht, zu integrieren;<br />
denn nur so lässt sich sicherstellen, dass das medizinische Tun nicht an der Realität<br />
und den Bedürfnissen der Patientinnen vorbeigeht. Hat doch eine Vielzahl von<br />
Leiden, mit denen Menschen in Arztpraxen und Krankenhäusern vorstellig werden,<br />
nicht zuletzt darin seine Ursache, dass sie zumindest in Teilbereichen daran<br />
scheitern, adäquate Umgangsformen mit den benannten Herausforderungen des<br />
Menschseins zu finden. Und die Antwort auf die daraus resultierende Not kann nicht<br />
nur in der Reaktion auf die körperlichen Symptome liegen, also in der isolierten<br />
Arbeit an einer Verbesserung der Gesundheit, sondern bedarf einer umfassenderen<br />
Denk – und Herangehensweise.<br />
Ich habe dabei nicht die sowieso notwendige Aufmerksamkeit für psychische<br />
Komponenten im Sinn. Deren Bedeutung für die Gesundheit ist nachhaltig reflektiert<br />
worden 245 und findet theoretisch in der Formulierung psychosomatischer Konzepte<br />
und praktisch in der, wenn vielleicht auch noch unzureichend, aber trotzdem vielfach<br />
245 Vgl. z.B. Walter Bräutigam, Paul Christian, Michael von Rad. 1997<br />
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