WAS TUT GUT? - Universiteit Twente
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„Wer sein selbst Meister ist und sich beherrschen kann,<br />
dem ist die weite Welt und alles untertan.“ 228<br />
Dabei geht es unter anderem auch darum, der Wahrheit näher zu kommen.<br />
Hierzu hat Michel Foucault, der 1984 verstorbene französische Philosoph und<br />
Kulturkritiker, interessante Überlegungen angestellt. Foucault formuliert den<br />
Gedanken, dass nach klassisch griechischer Auffassung das Subjekt sich in spiritueller<br />
Praxis verändern muss, um auf diese Weise - und nur auf diese Weise - Anteil an der<br />
Wahrheit zu bekommen. Dabei versteht er unter Spiritualität „die Gesamtheit der<br />
Untersuchungen, Praktiken und Erfahrungen..., die Purifizierungen, Askesen,<br />
Verzichtleistungen, Umkehrungen des Blicks, Existenzveränderungen“, die für das<br />
Subjekt „der für den Zugang zur Wahrheit zu entrichtende Preis sind.“ 229 Das<br />
allerdings bedarf eines fortwährenden ‚Prozesses des Lebenlernens getreu des von<br />
Seneca formulierten Mottos ‚Leben muss man das ganze Leben lang lernen’ - vivere<br />
tota vita discendum est 230 . Denn die Wahrheit ist dem Subjekt nicht einfach<br />
gegeben, sondern wird erkennbar nur in dem Geschehen der Selbsttransformation.<br />
In Korrespondenz zur Bewegung des Subjekts bewegt sich die Wahrheit und<br />
erleuchtet das Subjekt. „Die Wahrheit gibt ihm Gewissheit, die Wahrheit gibt ihm<br />
Seelenruhe.“ Seitdem Descartes für die westliche Welt die Auffassung geprägt hat,<br />
allein die Erkenntnis ermögliche einen Zugang zur Wahrheit, hat dieser klassische<br />
Weg an Bedeutung verloren. Nach Descartes galt das Subjekt so, wie es ist, als<br />
wahrheitsfähig.<br />
Dieser Gedanke ist in unserem Zusammenhang beispielsweise im Blick<br />
auf die Vaterschaftstests, um diesen Punkt aus dem ersten Teil des Buches<br />
noch einmal aufzugreifen, interessant. Mithilfe der technischen Möglichkeiten<br />
wird hier nach einer vom Subjekt gelösten und scheinbar objektiven Form von<br />
Wahrheit gesucht. Gefragt ist: Bin ich wirklich der biologische Vater meines<br />
Kindes oder nicht? Es macht den Anschein, als handele es sich dabei um eine<br />
228<br />
Schlusszeilen aus dem Gedicht An sich von Paul Fleming (1609-1640) in: Ulla Hahn.1999. S. 145<br />
229<br />
Foucault.1985. S. 34<br />
230<br />
Wilhelm Schmid. 1998. S. 324<br />
159