WAS TUT GUT? - Universiteit Twente
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Erfahrungen mit den damit gegebenen Herausforderungen und es gelingt ihm mehr<br />
oder weniger gut, die Aufgabe zu meistern. 285<br />
Für unseren Kontext und unsere Suche nach einer Orientierungshilfe für den<br />
Umgang mit Medizintechnologie im Allgemeinen und dem Proteinchip im Besonderen<br />
ist es zunächst einmal von Bedeutung auch die Balance explizit als wichtigen Aspekt<br />
ins Blickfeld zu rücken und den bioethischen Reflexionshorizont auch um diese<br />
Dimension zu erweitern. Angesichts der explosiven Innovationskraft<br />
medizintechnologischen Fortschritts, der, wie wir sahen, dazu angetan ist, ungeheuer<br />
viele finanzielle und intellektuelle Ressourcen an sich zu binden (die dann nicht mehr<br />
für andere Felder zur Verfügung stehen), wie auch angesichts einer gewissen<br />
Eindimensionalität, die sich beispielsweise in einem übermäßig rationalistischen<br />
Gebaren der Medizin (ich gehe später noch näher darauf ein) spiegelt, gewinnt der<br />
Aspekt Balance eine besondere Brisanz.<br />
Um Ausgewogenheit realisieren zu können, ist es naturgemäß notwendig,<br />
Gewichte gleichmäßig zu verteilen, etwas zurückzunehmen, wo ein Übergewicht<br />
besteht, etwas stärker zu gewichten, wo ein Defizit vorhanden ist. Insofern ist die<br />
Verwirklichung von Balance immer auch aufs engste mit Selbstgenügsamkeit<br />
gekoppelt.<br />
Konkretisieren wir den Gesichtspunkt zunächst einmal auf allgemein<br />
politischem Terrain. Hierzu ist von dem schon weiter oben zitierten amerikanischen<br />
Bioethiker Daniel Callahan Interessantes zu erfahren. Callahan beschreibt in seinem<br />
1990 erschienenen Buch What kind of life eine ihm besorgniserregend erscheinende<br />
Unausgewogenheit im amerikanischen Gesundheitssystem. Er schildert seine<br />
Beobachtung, nach der die amerikanische Gesellschaft Gesundheit zu verabsolutieren<br />
neige und einer immer weiter getriebenen Verbesserung des allgemeinen und<br />
persönlichen Gesundheitslevels hinterherjage, während andere gesellschaftliche<br />
Belange wie Bildung, Kunst, Infrastruktur usw. sträflich vernachlässigt würden.<br />
Dadurch manövriere sich die Gesellschaft in eine gefährliche Sackgasse. Das<br />
gesamtgesellschaftliche Gleichgewicht drohe aus den Fugen zu geraten, es würden<br />
285 Ein aktueller Beitrag zum Thema stammt aus der Feder Anselm Bilgris und Konrad Stadlers. In<br />
ihrem 2006 erschienen viel beachteten Buch Finde das rechte Maß versuchen sie die benediktinischen<br />
Ordensregeln für das moderne Management fruchtbar zu machen. Mitte, Ausgewogenheit, Balance<br />
und Maß haben viel mit Genügsamkeit zu tun, weil häufig nur über ein Zurücknehmen, ein Weniger in<br />
einem Bereich die Balance herzustellen ist.<br />
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