WAS TUT GUT? - Universiteit Twente
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genau das Gewünschte und Gewollte sein, und damit individuell sinnvoll, andere<br />
würden es vielleicht vorziehen, mit der verbleibenden Zeit anders umzugehen. In<br />
jedem Fall könnte Lebensfreude ein handlungsleitendes Kriterium sein.<br />
Dabei muss man sich vor Augen führen, dass Selbstgenügsamkeit im<br />
medizinischen Bereich immer auch einen mehr oder weniger reifen Umgang mit der<br />
eigenen Sterblichkeit voraussetzt. Solange Menschen vom Sterben grundsätzlich<br />
nichts wissen wollen, greifen sie nach jedem technischen Strohhalm, der ihnen eine<br />
Lebensverlängerung ermöglichen könnte. Der Aspekt Selbstgenügsamkeit im<br />
medizinischen Kontext ist deshalb immer auch in Zusammenhang mit der<br />
Entwicklung einer ars moriendi zu sehen, die uns später noch weiter beschäftigen<br />
wird. Nicht umsonst haben Epikur und mit ihm viele Vertreter der Philosophie der<br />
Lebenskunst beiden Themen besondere Aufmerksamkeit geschenkt.<br />
Will sich das Individuum nicht arglos durch die mit nicht geringer Wucht sich<br />
andienenden Optionen der Medizintechnologie steuern lassen, sondern ihren<br />
Gebrauch daran orientieren, ob sie seiner Lebensfreude dienlich sind oder nicht,<br />
muss es ein nicht geringes Maß an Eigensinnigkeit, Courage und Widerständigkeit<br />
aufbieten. Sich nicht einfach unkritisch auf alle medizinischen Angebote einzulassen –<br />
so einem denn die finanziellen Mittel zur Verfügung stehen - und beispielsweise von<br />
jeder empfohlenen Untersuchungsmethode Gebrauch zu machen, nur um alle<br />
vorstellbaren Risiken frühzeitig abzuklären, bedarf deshalb nicht nur eines reifen<br />
Umgangs mit der eigenen Angst vor Krankheit, Sterben und Tod, sondern auch der<br />
Bereitschaft, vermeintlich unnötige Risiken zu tragen. Dass dies besonders prekär ist,<br />
wo in diesem Sinn Entscheidungen für andere Menschen getroffen werden, die<br />
möglicherweise die Folgen für später so genannte Versäumnisse tragen müssen,<br />
wurde schon gesagt und versteht sich von selbst. Kein leichtes Unterfangen also.<br />
Dennoch hat dieses Prinzip inzwischen weitverbreitet Eingang in die Praxis<br />
gefunden und zwar im Rahmen sogenannter Patientenverfügungen, in denen explizit<br />
der Verzicht auf lebensverlängernde Maßnahmen in einer Situation, in der nicht mehr<br />
auf Besserung gehofft werden kann, erklärt wird. Allerdings fordern im Kontext eines<br />
sowieso nicht mehr abzuwendenden Leidens und Sterbens solche<br />
Verzichtserklärungen keinen hohen persönlichen Preis. Das ist anders, wenn der<br />
Verzicht bezüglich therapeutischer oder diagnostischer Maßnahmen in einer Situation<br />
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