WAS TUT GUT? - Universiteit Twente
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Blick auf sie ließ sich noch vergleichsweise eindeutig auf der Basis der Heuristik der<br />
Furcht Stellung beziehen. Was schlimmstenfalls in einem Atommeiler passieren kann,<br />
ist im Prinzip unstrittig, und die Folgen eines Größten Anzunehmenden Unfalls (GAU)<br />
kein Geheimnis, auch ohne die Bestätigung durch den Reaktorunfall in Tschernobyl<br />
1986, unter dessen Folgen noch heute eine immense Zahl von Menschen zu leiden<br />
hat. Ein Supergau hätte ungeheuer zerstörerische Folgen für die Menschheit - auch<br />
darin stimmen alle überein - und von dem durch Menschen produzierten atomaren<br />
Müll geht ein hohes Gefährdungspotential für nachkommende Generationen aus.<br />
Auch die Tatsache, dass Atomkraftwerke ein „attraktives“ Ziel für terroristische<br />
Anschläge bieten, dürfte spätestens seit dem Anschlag aufs World Trade Center<br />
allgemein ins Bewusstsein geraten sein. Die Einschätzungen divergieren nicht<br />
bezüglich des Gefährdungspotentials an sich, sondern „nur“ bezüglich der<br />
Möglichkeiten, diese potentiellen Gefahren zu kontrollieren. Während die<br />
Atomenergiebefürworter hierin ein gelöstes technisches Problem sehen, weisen die<br />
Gegner auf die generelle und an praktischen Beispielen - zumal ehemals sowjetischer<br />
Reaktoren nachzuweisende - konkrete Unkontrollierbarkeit hin.<br />
Wenn man das Jonassche Prinzip zugrundelegt und seine<br />
‚Ausführungsvorschriften’ anwendet, erhält man im Blick auf die Atomtechnik eine<br />
eindeutige ethische Orientierung, unabhängig von diesen unterschiedlichen<br />
Einschätzungen. Die Argumentationslinie ist wie folgt zu denken: 1. Es soll eine<br />
Menschheit geben. 2. Die Technik, um die es geht, birgt ein hohes Risikopotential in<br />
Bezug auf das Leben zukünftiger Generationen. 3. Die Unheilsprognose hat Vorrang<br />
vor der optimistischen Prognose, weil a) der gute Ausgang nach den Regeln der<br />
Wahrscheinlichkeit nur ein möglicher unter zahlreichen anderen Treffern ist,<br />
b) technologische Entwicklungen ein „selbsttätiges Momentum“, „eine zwangsläufige<br />
Dynamik“ entwickeln, die sie der Kontrolle entziehen und weil c) das Erbe bisheriger<br />
evolutionärer Entwicklung, die Technologie erst ermöglicht hat, nicht aufs Spiel<br />
gesetzt werden darf. 171 Daraus folgt, dass die Entwicklung und Anwendung der<br />
Atomtechnologie ausgesetzt werden muss.<br />
Auf der Grundlage dieses Argumentationsganges sammelte sich eine starke<br />
politische Bewegung, deren Anhänger klare Überzeugungen hantieren und die eine<br />
171 Vgl. Hans Jonas. 1979, S. 70 ff.<br />
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