WAS TUT GUT? - Universiteit Twente
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verabreichen, und sich darüber hinaus mit der Empfehlung begnügt, gesund zu<br />
essen, viel an die frische Luft zu gehen und genug zu schlafen.<br />
Das aber tut die Medizin schon lange nicht mehr. Sie hat ihr ursprüngliches<br />
Kerngeschäft längst erweitert und sieht sich über ihre diagnostischen Methoden sehr<br />
viel intensiver und detaillierter mit dem Lebensstil der Patientinnen konfrontiert als<br />
früher. Von daher ist die Medizin, das heißt ist das ärztliche Personal, das sich mit<br />
derlei Informationen auseinandersetzen muss, gehalten, darauf weitergehend zu<br />
reagieren und Vorstellung, die die Lebenshaltung tangieren, konzeptionell in seine<br />
Arbeit zu integrieren. Dabei geht es nicht, um das auch an dieser Stelle noch einmal<br />
zu wiederholen, darum, Menschen zu sagen, wie sie leben müssen oder dafür zu<br />
sorgen, dass alle sich des Lebens freuen. Es geht vielmehr darum, eine Vorstellung<br />
vom guten Leben zu hantieren, sich über sie zu verständigen, und zu gewährleisten,<br />
dass die Möglichkeitsbedingungen für die Realisierung des guten Lebens durch<br />
medizinisches Handeln gefördert, beziehungsweise zumindest nicht eingeschränkt<br />
werden.<br />
All dies gewinnt besondere Brisanz in einer gesellschaftlichen Situation, wie<br />
der, mit der wir zurzeit konfrontiert sind. Sie ist dadurch gekennzeichnet – auch dies<br />
wurde in der Einleitung bereits angesprochen - dass die Gesundheitskosten nicht<br />
mehr wie bisher vom Gemeinwesen zu finanzieren sind. In dieser Lage wird eine<br />
Vielzahl von Modellen zur Lösung der Krise diskutiert. Darunter auch ein Konzept, das<br />
vorsieht, den Versicherten bestimmte Leistungspakete anzubieten, die von einer<br />
rudimentären medizinischen Basisversorgung bis zu einer ‚fullpackage –hightech’<br />
Variante rangieren. 248<br />
Diese Entwicklungen werden zukünftig Entscheidungen von Individuen<br />
verlangen, angesichts derer es für sie wichtig ist, sich von einem inhaltlich gefüllten<br />
Konzept, von einer Vorstellung von dem, was ein gelingendes Leben ausmacht, wie<br />
viel Gesundheit dazu gehört und wie viel Einsatz dafür begründeter Weise<br />
aufzubringen ist, leiten zu lassen, um nicht nur eindimensional auf finanzielle Stimuli<br />
zu reagieren oder angstgesteuert seine Wahl zu treffen, was beides eines sich selbst<br />
Gestalt gebenden, autarken Individuums nicht würdig ist. Ich unterstelle dabei, dass<br />
248 An diesen Vorschlag knüpfen sich naturgemäß vielerlei Bedenken hinsichtlich der Gerechtigkeit<br />
eines solchen Versicherungsmodus’, der potentiellen Benachteiligung armer Bevölkerungsgruppen und<br />
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