WAS TUT GUT? - Universiteit Twente
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Psychologisch macht das die Entwicklung eines verantwortlichen, erwachsenen<br />
Selbst eher schwerer als leichter; unter anderem auch deswegen, weil<br />
Informationen, die man über jemanden hat, immer auch ein fruchtbares Forum für<br />
vielerlei Projektionen bieten. Als Beispiel mag der Umgang mit Prominenten dienen.<br />
Die Regenbogenpresse sammelt jedes kleinste Detail aus deren Leben, das dann den<br />
Leserinnen als Nährboden für deren projektierende Fantasien dargeboten wird. Nun<br />
ist das Sich – Ergötzen an Projektionen natürlich nichts Verwerfliches, nur ist es eben<br />
der freien Entwicklung der die Projektionen betreffenden Personen nicht eben<br />
förderlich. Und im Sinne des hier vorgestellten Ansatzes stellt Handlungsspielraum<br />
ein hohes Gut da.<br />
Mit dem bisher Gesagten hatte ich die psychologische Ebene im Sinn.<br />
Selbstverständlich ist auch die politische Ebene von großer Bedeutung. Je mehr<br />
Informationen über ein Individuum zusammengetragen sind, desto beherrschbarer<br />
wird es. Rückzugsmöglichkeiten in Terrains, die ‚den anderen’ unbekannt sind, gehen<br />
verloren. Die Erfahrungen, die in den letzten Jahrzehnten in den weitgehend<br />
friedlichen Demokratien Westeuropas und Amerikas gemacht wurden, könnten<br />
vielleicht dazu verleiten, den Machthabern grundsätzlich wohlwollende Motive<br />
gegenüber den Bürgerinnen zu unterstellen. Schon ein kurzer Blick über den<br />
regionalen und historischen Tellerrand belehrt hingegen schnell eines Besseren.<br />
Dem von Datenschützer häufig beobachteten ausgesprochen nachlässigen<br />
Umgang vieler Bürgerinnen mit sie betreffenden Daten liegt neben einer gewissen<br />
gedankenlosen Sorglosigkeit oder auch Überforderung vermutlich nicht zuletzt die<br />
Überzeugung zugrunde, man habe sich nichts zuschulden kommen lassen und könne<br />
deshalb getrost jedermann einen Einblick in die eigenen Interna gewähren. Betroffen<br />
macht die Naivität dieser Haltung, die die eigene ‚Unbescholtenheit’ oder - im<br />
konkreten Zusammenhang - die aktuelle Gesundheit als hinreichenden Schutz gegen<br />
potentielle, schlimmstenfalls totalitäre Übergriffe betrachtet.<br />
Vielleicht ist es aber auch so wie bereits angesprochen, dass zukünftige<br />
Generationen das Festhalten an Privacy, zumindest so, wie wir es heute betreiben,<br />
belächeln. Vielleicht erscheint es ihnen nur noch rührend, dass ihre Vorfahren<br />
Handlungsspielräume durch das Verbergen von simplen Fakten voreinander zu<br />
erhalten suchten. Vielleicht sehen zukünftige Generationen ihren Gestaltungsraum<br />
viel eher in den Dimensionen, die durch eine umfassende Vernetzung von<br />
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