Arbeitsmarkt Kultur - Deutscher Kulturrat
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140 <strong>Arbeitsmarkt</strong> <strong>Kultur</strong>. Zur wirtschaftlichen und sozialen Lage in <strong>Kultur</strong>berufen<br />
Besonderheiten in der Altersversorgung liegen vor bei<br />
——<br />
Architekten,<br />
——<br />
Künstlern.<br />
5.1.1 Besonderheiten in der Alterssicherung<br />
Architekten werden mit der Eintragung in der Architektenkammer Mitglied im berufsständischen<br />
Versorgungswerk der Architekten. Die Versicherung ist eine Pflichtversicherung zur Altersabsicherung.<br />
Der Beitrag bemisst sich nach einem Vomhundertsatz 124 des Berufseinkommens. Dieser kann in<br />
den ersten fünf Jahren der Berufstätigkeit auf Antrag halbiert werden. Liegt das Jahresnettoberufseinkommen<br />
unter einem Fünftel der Beitragsbemessungsgrenze 125 der gesetzlichen Rentenversicherung,<br />
ist eine Beitragsbefreiung möglich. Auch angestellte und beamtete Architekten sind zunächst<br />
Mitglied im Versorgungswerk der Architekten. Sie müssen die Befreiung von der Pflichtteilnahme<br />
beantragen, damit sie als abhängig Beschäftigte über die gesetzliche Rentenversicherung rentenversichert<br />
sind. Bei Beamten auf Zeit erfolgt die Befreiung der Mitgliedschaft im Versorgungswerk der<br />
Architekten befristet, bei Beamten auf Lebenszeit unbefristet. Wird wieder die selbstständige Tätigkeit<br />
als Architekt aufgenommen, greift erneut die Pflichtversicherung im Versorgungswerk der Architekten.<br />
Die gesetzliche Rentenversicherung und das Versorgungswerk der Architekten sind zwei<br />
voneinander getrennte Systeme, so dass eine Überleitung der erworbenen Ansprüche von dem einen<br />
in das andere System nicht möglich ist.<br />
Die Künstlersozialversicherung 126 ist eine Pflichtversicherung für freiberufliche Künstler und Publizisten.<br />
Sie erstreckt sich auf drei Kreise der gesetzlichen Sozialversicherung, die Kranken-, Pflege<br />
und Rentenversicherung. Die Mitgliedschaft in der Künstlersozialversicherung muss bei der Aufnahme<br />
der freiberuflichen Tätigkeit beantragt werden. Es wird von der Künstlersozialkasse dann geprüft,<br />
ob die Voraussetzungen für die Mitgliedschaft vorliegen. Das erforderliche Mindesteinkommen aus<br />
künstlerischer oder freiberuflicher Tätigkeit liegt bei 3.900 Euro/Jahr. Die Beiträge zur Künstlersozialversicherung<br />
richten sich für die Künstler nach ihrem im Voraus geschätzten Einkommen 127 des<br />
nächsten Jahres. Änderungen in der Einschätzung des Einkommens müssen der Künstlersozialkasse<br />
gemeldet werden. Künstler und Publizisten zahlen ähnlich abhängig Beschäftigten nur die Hälfte der<br />
Beiträge. Die andere Hälfte wird zu 20 % von einem Bundeszuschuss und zu 30 % von den Verwertern<br />
künstlerischer und publizistischer Leistungen getragen. Ein Bundeszuschuss gehört zu den üblichen<br />
Instrumenten zur Beitragssicherheit in der gesetzlichen Sozialversicherung. Dass sich Verwerter freiberuflicher<br />
Leistungen an der gesetzlichen Sozialversicherung beteiligen, ist eine Besonderheit der<br />
Künstlersozialversicherung. Es kommt darin das sogenannte symbiotische Verhältnis von Künstlern<br />
und Vermarktern wie Galerien, Verlagen, Tonträgerherstellern und anderen Unternehmen der <strong>Kultur</strong>wirtschaft<br />
zum Ausdruck. Die Künstlersozialversicherung ist ein Sondersystem im Rahmen der<br />
gesetzlichen Sozialversicherung 128 .<br />
124 Derzeit beträgt dieser Vomhundertsatz 18 %. Der Mindestbeitrag liegt bei 252 Euro/Monat, der höchstmögliche<br />
Pflichtbeitrag bei 1.008 Euro/Monat. Über den höchstmöglichen Pflichtbeitrag (Kappungsgrenze) hinaus ist ein<br />
Maximalbeitrag von 2.016 Euro/Monat möglich.<br />
125 Derzeit liegt dieser Wert bei 13.440 Euro/Jahresnettoeinkommen.<br />
126 Die Geschichte der Künstlersozialversicherung von den ersten Ideen im Künstlersozialreport bis hin zur Dritten Novelle<br />
im Jahr 2007 haben Zimmermann und Schulz im Buch »Künstlersozialversicherung« zusammengestellt. In dem Buch<br />
werden kursorisch auch die Sozialversicherungssysteme anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union vorgestellt<br />
(Künstlersozialversicherung 2007).<br />
127 Die Einkommensschätzung im Voraus mutet für eine gesetzliche Sozialversicherung zunächst merkwürdig an. Zur<br />
Gründung der Künstlersozialkasse wurde das monatliche Einkommen im Nachhinein gemeldet. Das verursachte einen<br />
erheblichen bürokratischen Aufwand und hat sich als Verfahren nicht bewährt. Es wurde daher die Beitragsschätzung im<br />
Voraus eingeführt, die sich als das praktikable System herausgestellt hat.<br />
128 Ein anderes Sondersystem ist beispielsweise die Sozialversicherung der Landwirte.