Arbeitsmarkt Kultur - Deutscher Kulturrat
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230 <strong>Arbeitsmarkt</strong> <strong>Kultur</strong>. Zur wirtschaftlichen und sozialen Lage in <strong>Kultur</strong>berufen<br />
oder mit dem Refresher G (»Hochverdienende«). Zeitliche Querschittsuntersuchungen sollten ebenfalls<br />
an diesen Zeitpunkten ansetzen, weil hier die Fallzahlen noch hochgenug sind, um signifikante<br />
Ergebnisse zu versprechen. Wie man verfahren könnte, wenn die Fallzahlen in einer Kohorte auf<br />
zweistellige Werte zurückgehen, soll im Schlussabschnitt 4 diskutiert werden.<br />
3.3 Humankapital und Einkommen<br />
Bei der deskriptiven Analyse in Abschnitt 3.1.2 sind wir darauf gestoßen, dass die Bezahlung auf dem<br />
<strong>Arbeitsmarkt</strong> <strong>Kultur</strong> im Schnitt geringer ausfällt als im Schnitt aller im SOEP enthaltenen Branchen.<br />
Dies muss noch nicht unbedingt per se für einen Brancheneffekt sprechen, muss doch die Höhe der<br />
Lohnsätze anhand des eingebrachten Humankapitals relativiert werden. Was das Humankapital<br />
betrifft, so finden wir in der <strong>Kultur</strong>branche eine durchschnittlich geringere Berufserfahrung, dafür<br />
aber eine durchschnittlich höhere formale Humankapitalausstattung (Schulabschlüsse und berufsbildende<br />
Abschlüsse). Um definitiver festhalten zu können, ob es für den <strong>Arbeitsmarkt</strong> <strong>Kultur</strong> einen<br />
signifikanten Brancheneffekt gibt, müssen wir eine ökonometrisch regelgerechte multivariate Analyse<br />
vornehmen. Da sich in diese zwanglos eine Messung geschlechtsspezifischer Diskriminierung<br />
integrieren lässt, betrachten wir in diesem Abschnitt im Zusammenhang:<br />
1. den Brancheneffekt <strong>Kultur</strong> (3.3.1)<br />
2. geschlechtsspezifische Einkommensdiskriminierung in Deutschland (3.3.2)<br />
3. geschlechtsspezifische Einkommensdiskriminierung in der <strong>Kultur</strong>branche.<br />
Bei der Messung von Brancheneffekten und von Diskriminierung geht man wie folgt vor. 23 Gemäß<br />
der Effizienzlohntheorie und Ergebnissen der Humankapitalforschung bestimmt sich der Stundenlohn<br />
eines Erwerbstätigen weitgehend durch dessen Humankapital. Humankapital wird über Variablen<br />
zur schulischen und beruflichen Bildung, zur Lebens- und Berufserfahrung, zur körperlichen<br />
Leistungsfähigkeit operationalisiert. Bezeichnet man die so eingeführten Variablen mit x1,…,xn, so<br />
erhält man folgenden Schätzansatz, der sich ökonometrisch bewährt hat („Mincers Lohnglelchung“):<br />
(1) ln(w) = a0 + a1∙x1 + a2∙x2 + …. + an∙xn + e.<br />
Dabei ist e eine stochastische Störung. Die Koeffizienten ai (I=1,..,n) werden durch ökonometrische<br />
Schätzung aus Daten wie den SOEP-Daten (vgl. hierzu Abschnitt 3.1) bestimmt. 24 Da in Mincers Lohngleichung<br />
der Lohnsatz w in logarithmisch-linearer Abhängigkeit von den Humankapitalvariablen<br />
geschätzt wird, haben die Koeffizienten ai folgende inhaltliche Interpretation:<br />
ai gibt an, um wie viel Prozent der Lohnsatz im statistischen Mittel steigen würde, wenn die Humankapitalvariable<br />
xi um eine Einheit erhöht würde.<br />
23 Zu Einzelheiten Berndt (1990).<br />
24 Der Lohnsatz w lässt sich aus empirischen Daten nur für Erwerbstätige bestimmen. Deshalb lässt sicn Gleichung (1) nur<br />
für Erwerbstätige schätzen. Dies führt aber zu einer verzerrten Schätzung der Koeffizienten ai, die ja den Zusammenhang<br />
von Humankapital und Lohnsatz wiedergeben sollen. Grund ist, dass das Störglied e mit der Erwerbsbeteiligung<br />
korrelliert ist. Hierfür ist verantwortlich, dass Viele keine Erwerbstätigkeit aufnehmen, weil der von ihnen erzielbar<br />
Lohnsatz zu gering wäre. Es gibt ökonometrische Verfahren (etwa das „Heckmann“-Verfahren), die diese Verzerrung<br />
korrigieren. Dabei müssen allerdings auch simultan die Nichterwerbstätigen betrachtet werden und muss deren<br />
„Partizipationsentscheidung“ (am <strong>Arbeitsmarkt</strong>) modelliert werden. Die Selektionskorrektur erforderte in den<br />
Anfangsjahren des SOEP noch aufwändige Rechnungen und Programmierarbeiten. Seit dem im Statistik-Programm<br />
SAS die Prozedur QLIM verfügbar ist, ist eine regelgerechte Schätzung von Mincers Lohngleichung praktisch sehr<br />
viel einfacher durchzuführen. Für diese Untersuchung wurde QLIM benutzt. Um den Bericht nicht übermäßig mit<br />
ökonometrischen Details zu überfrachten, wurde auf den Ausweis der „Partizipationsgleichung“ verzichtet. Weil aber<br />
Erwerbstätige und Nichterwerbstätige simultan betrachtet werden müssen, wird ein Datensatz mit Respondenten im<br />
„Erwerbsalter“ – für diese Untersuchung zwischen 25 und 60 Jahren, ausgefiltert.