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Vom Ende der Zeiten

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2. Demokratische Täter-Opfer-Umkehr<br />

„Der tödliche Brandanschlag war in <strong>der</strong> Nacht zum Montag dieser<br />

Woche verübt worden. Ein anonymer Anrufer hatte um 1.08 Uhr mit<br />

folgenden Worten die Polizei alarmiert: ‚In <strong>der</strong> Mühlenstraße brennt<br />

es. Heil Hitler.' Am Montag übernahm Generalbundesanwalt von<br />

Stahl die Ermittlungen. Die mutmaßlichen Brandstifter, so begründete<br />

er seine Entscheidung, wollten ‚mit ihrer Straftat zur Wie<strong>der</strong>errichtung<br />

einer nationalsozialistischen Diktatur beitragen'. Zugleich verlauteten<br />

aus Sicherheitskreisen Vermutungen, die Täter von Mölln könnten<br />

auch an<strong>der</strong>e, als rassistische Motive gehabt haben und müßten auch<br />

außerhalb <strong>der</strong> rechtsextremen Szene gesucht werden. Hintergrund<br />

könne auch ein Streit zwischen mehreren Türken aus dem<br />

Zuhältermilieu sein.<br />

Bild 85: „Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe hat die Ermittlungen an sich gezogen. Dies, so<br />

Generalbundesanwalt von Stahl, sei wegen <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>en Bedeutung des Falles und <strong>der</strong> Gefahr<br />

für die innere Sicherheit sowie für die Verfassungsgrundsätze <strong>der</strong> Bundesrepublik geboten.“ 474<br />

„Der Zusatz ‚Heil Hitler!‘ deute laut Bundesanwaltschaft darauf hin, daß die Täter mit ihrer Straftat<br />

zur Wie<strong>der</strong>errichtung einer nationalsozialistischen Diktatur hätten beitragen wollen, hieß es.“ 475<br />

Es wurde bekannt, daß Faruk Arslan im Jahr 1988 wegen För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Prostitution,<br />

räuberischer Erpressung und Körperverletzung zu einer Haftstrafe von einem Jahr verurteilt<br />

worden war. Die ‚Son<strong>der</strong>kommission Mölln' weitete ihre Untersuchungen auf das Umfeld von<br />

Arslan aus. Am Freitag gab die Generalbundesanwaltschaft in Karlsruhe bekannt, sie habe<br />

keine Anhaltspunkte dafür, daß <strong>der</strong> festgenommene Michael P. und zehn weitere mutmaßliche<br />

‚Rechts'terroristen mit dem Brandanschlag von Mölln etwas zu tun haben." 476<br />

„Der Durchbruch kam durch die Aussage eines ‚unmittelbaren Tatzeugen‘, so<br />

Generalbundesanwalt Alexan<strong>der</strong> von Stahl gestern in Karlsruhe. Weitere Ermittlungen hätten<br />

die Aussagen bestätigt. Christiansens Freunde sind skeptisch, glauben nicht an eine<br />

Tatbeteiligung. Tobias S., 24: ‚Der hatte viel zu viel Angst davor. Lars ist doch schon gerannt,<br />

wenn er in 100 Meter Entfernung einen Streifenwagen gesehen hat‘.“ 477<br />

„Nach Mölln vollzog <strong>der</strong> Generalbundesanwalt eine Kehrtwende und ermittelte gegen die<br />

Attentäter wegen Bildung und Unterstützung einer terroristischen Vereinigung nach § 129a<br />

StGB. Von Stahl, nach dem Brandanschlag von Mölln ins Bonner Justizministerium einbestellt,<br />

soll von Ministerin Leutheusser-Schnarrenberger ultimativ aufgefor<strong>der</strong>t worden sein, endlich von<br />

seinen Kompetenzen Gebrauch zu machen. An<strong>der</strong>enfalls, so sei gedroht worden, könnten<br />

personelle Konsequenzen gezogen werden.“ 478<br />

Hackert weiter: „Zwei willkürlich verhaftete junge Leute aus dem Umfeld nationaler Jugendkreise<br />

gestanden nach einigen ‚Son<strong>der</strong>vernehmungen‘ zunächst den Brandanschlag von Mölln,<br />

wi<strong>der</strong>riefen 479 jedoch vor Gericht ihre Aussagen. Die Methoden, ein Geständnis zu bekommen,<br />

sind bei Delikten von <strong>der</strong>art politischer und finanzieller Tragweite auch unseren bundesrepublikanischen<br />

Verhörspezialisten geläufig. Gelernt ist schließlich gelernt.“ [1, Seite 47]<br />

Claus Nordbruch erwähnt Behandlungen deutscher Männer in den Kriegsverbrecherprozessen<br />

Dachau, Malmedy und Nürnberg. Er schreibt: „Die mit Urin getränkte o<strong>der</strong> mit Kot kontaminierte<br />

Kapuze, die den Gefangenen von Abu Ghraib verpaßt wurde, ist ein wi<strong>der</strong>liches Standard-<br />

Requisit amerikanischer Inquisitoren, … Verschiedene Quälereien ließen amerikanische<br />

Sadisten sich einfallen, um deutschen Soldaten belastende Geständnisse abzupressen,<br />

darunter zählten unter Dunkelhaft, Schläge mit Fäusten und Metallstangen, Fußtritte gegen<br />

Schienbeine und Geschlechtsorgane, Schläge und Tritte bis zur Bewußtlosigkeit, Scheinhinrichtungen<br />

nach Auffor<strong>der</strong>ung zum Äußern <strong>der</strong> letzten Worte mit anschließendem Anziehen<br />

des Stricks bis zum Eintritt <strong>der</strong> Bewußtlosigkeit.“ [46, Seite 155, 156]<br />

474 die tageszeitung, „Mordbrenner in Mölln - nach nächtlicher Brandstiftung sterben drei Türkinnen - Bekenner-anruf:<br />

‚Heil Hitler‘“, 24.11.1992<br />

475 Lübecker Nachrichten, „Neonazi-Anschlag auf Türken - Häuser brannten - Bundesanwalt ermittelt - Abscheu und<br />

Entsetzen über dreifachen Mord von Mölln“, 24.11.1992, S. 20<br />

476 WELT am SONNTAG, Nr. 48, „Straßenschlacht zwischen Türken und Kurden mit Steinen und Gaspistolen -<br />

Angriffe auf Polizei bei Trauer-Demo in Mölln", 29.11.1992, S. 5<br />

477 HAMBURGER MORGENPOST, „Eine Woche nach Mölln - Anschlag scheint aufgeklärt - Steckte 19-jähriger<br />

Azubi Häuser in Brand? Generalbundesanwalt erwirkt Haftbefehl gegen Neonazi - Sein angeblicher Komplize ist<br />

Ermittlern bisher noch unbekannt“, 01.12.1993, Artikel v. M. Gielnik, C. Erdmann<br />

478 taz, „ROSTOCK. MÖLLN. SOLINGEN. NACHBARN UND MÖRDER. - Generalbundesanwalt von Stahl wollte<br />

nach Rostock aber nicht eingreifen, das än<strong>der</strong>te sich erst nach Mölln“, 1993, S. 42, Artikel v. Bernd Siegler<br />

479 Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 128, „Geständnis darf im Mölln-Prozeß verwendet werden“, 05.06.1993, S. 2<br />

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