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Vom Ende der Zeiten

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3. <strong>Vom</strong> <strong>Ende</strong> <strong>der</strong> <strong>Zeiten</strong><br />

Kein Abstammungsrecht für Deutsche, finden Demokraten<br />

„Der ehemalige Bundespräsident Johannes Rau plädierte für einen<br />

grundlegenden Systemwechsel beim Staatsbürgerschaftsrecht in<br />

Deutschland. Künftig sollte verstärkt auf den Geburtsort und<br />

weniger auf die Abstammung in Deutschland leben<strong>der</strong> Auslän<strong>der</strong><br />

geachtet werden, sagte Rau <strong>der</strong> in New York erschienen deutschjüdischen<br />

Zeitung AUFBAU. Deutschland sollte den Weg <strong>der</strong> USA<br />

gehen, wo je<strong>der</strong> dort Geborene automatisch die US-<br />

Staatsbürgerschaft erhalte. Rau sähe bei einem solchen Wechsel<br />

Vorteile für Wissenschaft und Wirtschaft. Allerdings habe im<br />

öffentlichen Bewußtsein dieser Gedanke ‚noch keinen<br />

ausreichenden Nie<strong>der</strong>schlag gefunden.‘“ 1426<br />

DER TAGESSPIEGEL schreibt: „Nun hat Johannes Rau sich doch<br />

ein kleines Stück Inszenierung gegönnt. Und ein mittleres Stück<br />

Politik losgetreten. Ausgerechnet an dem Tag, an dem er den ungeliebten Vorgänger im Schloß<br />

Bellevue empfing, wartete er mit einem kleinen politischen Paukenschlag auf: Die Deutschen,<br />

meinte <strong>der</strong> Bundespräsident, sollten sich beim Staatsbürgerschaftsrecht die Vereinigten Staaten<br />

von Amerika zum Vorbild nehmen. Das ist nicht einfach <strong>der</strong> Wunsch nach leichterer<br />

Einbürgerung, wie eine Nachrichtenagentur meldete. Das ist die For<strong>der</strong>ung nach einem<br />

Systemwechsel: vom ‚ius sanguinis‘ zum ‚ius soli‘. Nicht das Blut, also die Abstammung, die<br />

Herkunft <strong>der</strong> Eltern, soll entscheidend sein für die deutsche Staatsangehörigkeit, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong><br />

Boden, auf dem eine(r) geboren ist.“ 1427<br />

Rau setzte sich für die Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Staatsbürgerschaft ein, die sich vom alten<br />

Abstammungsprinzip entfernte und <strong>der</strong> vom jüdischen Zentralrat bevorzugten Version näherte.<br />

1995 erhielt Rau den zionistischen Leo-Baeck-Preis (höchste Auszeichnung des Zentralrats <strong>der</strong><br />

Juden in D.), im Jahr 2000 die Buber-Rosenzweig-Medaille. Mit dem Leo-Baeck-Preis werden<br />

Menschen ausgezeichnet, ‚die sich zum einen in herausragen<strong>der</strong> Weise für die jüdische<br />

Gemeinschaft eingesetzt haben“, wie es beim Zentralrat heißt. Jüdische Organisationen spielten<br />

eine entscheidende Rolle bei <strong>der</strong> Bekämpfung <strong>der</strong> Idee, daß die Vereinigten Staaten eine<br />

europäische Nation sein sollte. Trotzdem sind diese Organisationen starke Unterstützer Israels<br />

als Nation des jüdischen Volkes gewesen. Als Beispiel eine Presseerklärung <strong>der</strong> ADL vom 28.<br />

Mai 1999: „Die Anti-Defamation League (ADL) lobte heute die Verabschiedung umfassen<strong>der</strong><br />

Verän<strong>der</strong>ungen in Deutschlands Einwan<strong>der</strong>ungsgesetz, indem sie sagte, daß die Lockerung <strong>der</strong><br />

einst rigorosen Einbürgerungsbedingungen ‚für ein Klima <strong>der</strong> Vielfalt und Akzeptanz sorgen<br />

wird. Es ist ermutigend zu sehen, wie <strong>der</strong> Pluralismus in einer Gesellschaft Wurzeln schlägt, die<br />

trotz ihrer starken Demokratie jahrzehntelang eine unnachgiebige Politik <strong>der</strong> Staatsbürgerschaft<br />

allein nach Blut o<strong>der</strong> Abstammung beibehalten hatte‘, sagte Abraham H. Foxman, <strong>der</strong> Nationale<br />

Direktor <strong>der</strong> ADL. ‚Die Lockerung <strong>der</strong> Einwan<strong>der</strong>ungsbedingungen ist beson<strong>der</strong>s bedeutsam im<br />

Lichte von Deutschlands Geschichte des Holocaust und <strong>der</strong> Verfolgung von Juden und an<strong>der</strong>en<br />

Min<strong>der</strong>heitengruppen. Das neue Gesetz wird für ein Klima <strong>der</strong> Vielfalt und Akzeptanz in einer<br />

Nation mit einem schweren Erbe <strong>der</strong> Xenophobie sorgen, wo das Konzept des ‚wir gegen sie’<br />

durch ein Prinzip <strong>der</strong> Staatsbürgerschaft für alle ersetzt werden wird. Der Druck, das Gesetz zu<br />

än<strong>der</strong>n, erfolgte, als in den letzten Jahren Wellen türkischer Einwan<strong>der</strong>er und an<strong>der</strong>e, die oft als<br />

‚Gastarbeiter‘ bezeichnet wurden, nach Deutschland einströmten. Dazu gehörten auch<br />

Asylsuchende aus Osteuropa, viele von ihnen russische Juden.“ 1428<br />

„Seit 1990 ist Goldmann Europa-Beauftragter <strong>der</strong> Antidiffamierungsliga, die sich die<br />

Bekämpfung <strong>der</strong> Rassendiskriminierung zur Aufgabe gemacht hat. An Schulen in 30<br />

amerikanischen Bundesstaaten arbeitete sie Toleranzerziehungsprogramme zu diesem Thema<br />

aus. Bundespräsident Roman Herzog verlieh ihm das Bundesverdienstkreuz Erster Klasse. Die<br />

Stadt würdigte Goldmanns Vater dadurch, daß sie eine neue Einrichtung nach ihm benannte:<br />

den Dr. Jakob-Goldmann-Kin<strong>der</strong>garten, für den am Montag <strong>der</strong> Grundstein gelegt wurde.“ 1429<br />

1426 DIE WELT, „AUSLÄNDER - Rau spricht sich für leichtere Einbürgerung aus“, 10.05.2000, S. 4; Dr. h.c. Johannis<br />

Rau (SPD), ehemaliges Ehrenmitglied im Lions-Club und Mitglied <strong>der</strong> Deutsch-Israelischen Gesellschaft.<br />

1427 DER TAGESSPIEGEL, „Politik - Aus <strong>der</strong> Neuen Welt (Kommentar)“, 09.05.2000, Artikel v. THOMAS KRÖTER<br />

1428 Anti-Defamation League, „ADL Hails Passage of New Immigration Law in Germany“, 28.05.1999<br />

1429 Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 110, „Kämpfer gegen Diskriminierung und Rassenhaß - Stadt Reinheim<br />

verleiht dem jüdischen Emigranten Robert Goldmann die Ehrenbürgerwürde“, 13.05.1998, S. 40<br />

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