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Vom Ende der Zeiten

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5. VÖLKERWELT. Schönheit des Lebens<br />

Bild 335: Gesetze des Lebens: Das Leben <strong>der</strong> Menschen baute von Anbeginn <strong>der</strong> <strong>Zeiten</strong> auf den<br />

Dualismus von Tribalismus und Territorium, Volk und Erde, Blut und Boden, auf. Dort, wo die<br />

Menschen diesen Dualismus nicht mehr verinnerlichten, verschwanden sie mit <strong>der</strong> Zeit und<br />

an<strong>der</strong>e übernahmen ihr Erbe. O<strong>der</strong> zerstörten es.<br />

Eine Studie behandelte Straßenbettler in Moskau. Einige waren Russen, so wie die<br />

überwiegende Mehrheit <strong>der</strong> Passanten. An<strong>der</strong>e Bettler waren in <strong>der</strong> charakteristischen Tracht<br />

Moldawiens gekleidet, einer kleineren früheren Sowjetrepublik, ethnisch und sprachlich mit<br />

Rumänen verwandt. Einige <strong>der</strong> Bettler schließlich waren dunkelhäutigere Roma, <strong>der</strong>en<br />

Erscheinung und Sprache Zeugnis von ihrer Abstammung vom indischen Subkontinent ablegen.<br />

Ohne ihr Wissen wurden die Bettler von einem Forscher-Team beobachtet.<br />

Die Forscher zählten jedesmal, wenn ein Passant Geld spendete. Bald konnte man ein<br />

Präferenzmuster erkennen. Die russischen Passanten zogen es vor, ihren russischen<br />

Landsleuten zu spenden und an zweiter Stelle den ihnen nahestehenden osteuropäischen<br />

Moldawiern. Die asiatischen Roma waren so unbeliebt, daß sie auf eine große Vielfalt an<br />

Taktiken zurückgreifen mußten, um ein spärliches Wechselgeld zu erbetteln, das von Singen<br />

und Tanzen über das Bedrängen von Spendenunwilligen bis hin zum Aussenden von jungen<br />

Kin<strong>der</strong>n zum Betteln reichte.“ [50, Seite 15-18]<br />

„Es ist ferner höchst wi<strong>der</strong>sprüchlich, wenn man auf längere Sicht die eigene ethnische Identität<br />

aufs Spiel setzt und zugleich für kulturelle Vielfalt eintritt, denn auch durch die Pflege <strong>der</strong><br />

eigenen Kultur trägt man ja zur Erhaltung <strong>der</strong> Vielfalt (auf <strong>der</strong> Erde) bei. In den Tagen <strong>der</strong><br />

deutschen Wie<strong>der</strong>vereinigung schrieb Dr. phil.et. rer. pol. Günther Nennings: ‚Das Ergebnis <strong>der</strong><br />

osteuropäischen Revolutionen ist, daß die scheinbar untergegangenen Nationen wie<strong>der</strong><br />

lebendig sind. Die wie<strong>der</strong>erwachten europäischen Nationen sind viele kleinteilige<br />

Wi<strong>der</strong>standsnester gegen die Verwandlung des Erdteils in einen großökonomischen<br />

Einheitsbrei, <strong>der</strong> Natur und Seelen mordet.‘ …<br />

Der Soziologe Karl-Otto Hondrich 1733 erkannte ganz richtig, daß <strong>der</strong> Nationalismus nicht von den<br />

Plänen einzelner Nationalisten lebt, ‚die man kaltstellen könnte‘, son<strong>der</strong>n von seiner Funktion,<br />

gerade die mo<strong>der</strong>nsten Errungenschaften eines Gemeinwesens zu sichern: ‚Wie jede Kultur<br />

sind diese Erfolge in Grenzen gewachsen: Sie würden im Grenzenlosen sogleich verdampfen.<br />

Aber warum müssen solche Grenzen ausgerechnet die eines Nationalstaates sein? Die Antwort<br />

ist so einfach wie ernüchternd: weil es keine an<strong>der</strong>en Grenzen gibt, die annähernd dasselbe<br />

leisten, nämlich den (akzeptierten) Geltungsbereich des staatlichen Gewaltmonopols und den<br />

<strong>der</strong> Zusammengehörigkeitsgefühle zur Deckung zu bringen. Ohne das Unterfutter sind Staaten<br />

nur willkürlich konstruierte Gewalthülsen, die unter Belastung zerfallen.‘“ [47, Seite 155, 173]<br />

1733 DIE ZEIT, „Grenzen gegen die Gewalt“, 28.01.1994<br />

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