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Vom Ende der Zeiten

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2. Demokratische Täter-Opfer-Umkehr<br />

Hinter Kritik an Israel würden sich ‚massenhaft<br />

Scheinheiligkeit' und ‚antizionistisch verbrämter<br />

Antisemitismus' verbergen.‘ 754 …<br />

Christoph Schlingensief hatte im Juni 2002 im<br />

Rahmen des Festivals ‚Theater <strong>der</strong> Welt‘ in<br />

Duisburg auf einem Foto von Jürgen Möllemann<br />

herumgetrampelt und ‚Tötet Möllemann‘ gerufen.<br />

Etwas mehr als ein Jahr später, nur Wochen,<br />

nachdem Möllemann beerdigt worden war,<br />

bekam er für seine vom WDR produzierte<br />

Medien- und Politsatire ‚Rosebud‘ 755 im<br />

Bundesrat den Hörspielpreis <strong>der</strong> Kriegsblinden<br />

verliehen. Der stellvertretende WDR-<br />

Hörfunkdirektor Wolfgang Schmitz nannte<br />

Bild 139: Christoph Schlingensief vor dem Bundesratsgebäude mit Signalgeste. Schlingensief<br />

konnte öffentlich zum Mord aufrufen weil die Elite über Möllemann den Tod abgesprochen hatte<br />

und sie dies <strong>der</strong> Öffentlichkeit, im Rahmen <strong>der</strong> künstlerischen Freiheit, wissen lassen wollte.<br />

Verständlich, das Schlingensief eine Auszeichnung erhielt. Mit „gegen Establishment“ hat das<br />

nichts zu tun. Bemerkenswert <strong>der</strong> Name seiner Politiksatire: „Rosebud“ (Knospe, „Arschloch“).<br />

Warum sollte die nach 1945 von den Siegereliten gepäppelte bundesdeutsche Elite nicht die<br />

gleichen Schlagwörter nutzen wie jene, die 1941 die deutsche Nation aufs Innigste bekämpften?<br />

Schlingensief einen ‚Regelbrecher mit <strong>der</strong> Rollenzuweisung, letzter Dorn im Fleische des<br />

Establishments zu sein‘, und fügte hinzu: ‚Aber Schlingensief hat etwas zu sagen.‘ Jury-<br />

Vorsitzen<strong>der</strong> Jörg Drews meinte, Schlingensiefs Arbeitsprinzip sei es, ‚<strong>der</strong> Geschmacklosigkeit<br />

in Politik und Medien mit einer überhöhten Geschmacklosigkeit entgegenzutreten.‘<br />

Das Paradoxe an seiner Karriere sei vielleicht, ‚daß er bei aller Aufsässigkeit am <strong>Ende</strong> im<br />

Bundesrat landet.‘ Allerdings nicht paradox, wenn man die auf diesem Foto zentral platzierte<br />

Hand Schlingensiefs beachtet, die eine Freimaurer-Geste darstellt und als Signal für alle<br />

Wissenden dient. … Im dortigen Theater hatte Schlingensief bei einer Darbietung <strong>der</strong> ‚Aktion 18'<br />

auf einem Foto des Politikers (Möllemann) herumgetrampelt, diesem mit einer Bohrmaschine<br />

zugesetzt und ‚Tötet- Möllemann' gerufen. Der SPIEGEL: ‚Damit habe er zu einer Straftat<br />

aufgerufen, so Möllemann. Schlingensief habe in einem Tobsuchtsanfall ‚Tötet Möllemann'<br />

geschrien, sagte <strong>der</strong> FDP-Politiker. Als bemerkenswert bezeichnete es Möllemann, daß <strong>der</strong><br />

Bundestagsabgeordnete <strong>der</strong> Grünen, Cem Özdemir, in dem Theaterstuck als Assistent<br />

Schlingensiefs mitgespielt habe. Özdemir habe die Entgleisungen ‚völlig ohne jedes<br />

demokratische und menschliche Gewissen' hingenommen. … Auf die Frage, ob er sich bedroht<br />

fühle, antwortete Möllemann: ‚Ich fühle mich in meinen Rechten verletzt. Was daraus wird, wird<br />

sich zeigen.‘ Der FDP-Vize warf <strong>der</strong> nordrhein-westfälischen Landesregierung vor, die Aktion<br />

Schlingensiefs mit rund 750.000 EURO geför<strong>der</strong>t zu haben.‘ 756<br />

Möllemann wurde also nicht nur als ‚Antisemit‘ und ‚Geisteskranker‘ angefeindet. Im Namen <strong>der</strong><br />

‚Kunstfreiheit‘ wurde öffentlich zum Mord an ihm aufgerufen. [15, Seite 130, 131, 134]<br />

Die FRANKFURTER RUNDSCHAU ergänzt: „… Mit <strong>der</strong> ‚Aktion 18. Tötet Möllemann!‘ wollte <strong>der</strong><br />

Regisseur nicht etwa <strong>der</strong> zögerlichen FDP-Spitze zur Hilfe eilen, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong>en notorischen<br />

Antisemitismus anklagen. In einer Art Voodoo-Ritual verbrannte Schlingensief, er warf Fe<strong>der</strong>n in<br />

die Luft und stinkende Fische in die Blumenbeete vor Möllemanns Düsseldorfer Firma, die<br />

israelische Fahne und eine Puppe mit dem Konterfei Ariel Scharons. ‚Ich verfluche dich,<br />

Möllemann!‘ sprach er, durchbohrte ein Foto des FDP-Politikers und hielt es sich vors Gesicht:<br />

‚Ich sehe jetzt aus den Augen eines Antisemiten.‘ Es sei die Schuld Möllemanns, wenn ‚heute in<br />

Deutschland wie<strong>der</strong> Davidstern-Flaggen in Flammen aufgehen‘, bemerkte Schlingensief. …<br />

Guido Westerwelle immerhin hat es sehr lange verteidigt und damit nur ein weiteres Mal<br />

bestätigt, daß er als Politiker außer Ressentiments keine weiteren Inhalte zu vertreten hat:<br />

Politik im kleinbürgerlich antisemitischen Affektraum. Und dagegen hilft, soviel steht jetzt schon<br />

fest, nicht einmal Schlingensiefs schöner Voodoo-Zauber.“ 757<br />

754 Deutsche National-Zeitung, „DIE Antisemitismus-Lüge“, 28.06.2002, S. 1<br />

755 THE CANADIAN JEWISH CHRONICLE, „‚HITLER WILL BE NOTHING BUT A ROSEBUD‘ - Says The Author of<br />

‚Germany Must Perish‘“, 26.09.1941, S. 5<br />

756 DER SPIEGEL, „Reaktionen auf Schlingensief - Möllemann tobt, Staatsanwälte ermitteln“, 25.06.2002<br />

757 Frankfurter Rundschau, „JWM geht - Der Antisemitismus bleibt“, 22.10.2002, S. 21<br />

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