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Vom Ende der Zeiten

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2. Demokratische Täter-Opfer-Umkehr<br />

Da die Sachverhalte im Grunde auch nicht son<strong>der</strong>lich schwierig<br />

waren, müssen die zahlreichen Wi<strong>der</strong>sprüche zu dem Ergebnis<br />

führen, daß die Geständnisse eben nicht spezifisches<br />

Täterwissen enthalten und daher falsch sind. Da die<br />

Sachverhalte im Grunde auch nicht son<strong>der</strong>lich schwierig waren,<br />

müssen die zahlreichen Wi<strong>der</strong>sprüche zu dem Ergebnis führen,<br />

daß die Geständnisse eben nicht spezifisches Täterwissen<br />

enthalten und daher falsch sind. …<br />

Da zumindest zweifelhaft ist, ob <strong>der</strong> Angeklagte C. im Zustand<br />

<strong>der</strong> freien Willensentscheidung gehandelt hat und das<br />

Geständnis des Angeklagten P. erfolgt ist, weil ihm die Situation<br />

als aussichtslos dargestellt worden ist, wird nunmehr die Frage<br />

geklärt werden müssen, ob es objektive und vor allem<br />

unabhängige Beweismittel gibt. Eines <strong>der</strong> Hauptbeweismittel für<br />

die Feststellung zum Tatablauf in <strong>der</strong> Mühlenstraße besteht in<br />

Bild 94: Rechtsanwalt Wolfgang Ohnesorge am 24. November 1993: „Ich bin überzeugt, daß<br />

berechtigte Zweifel bestehen und beantrage deshalb, den Angeklagten C. freizusprechen.“<br />

<strong>der</strong> Aussage (einer) ‚kindlichen Zeugin‘. Die Sachverständige Frau Dr. Schnittker hat<br />

ausgeführt, daß die Angaben des Mädchens grundsätzlich, d. h. im Kerngeschehen, glaubhaft<br />

sind. Auf die von ihr geschil<strong>der</strong>ten Details werde ich noch geson<strong>der</strong>t eingehen.<br />

Die grundsätzliche Glaubwürdigkeit stellt jedoch kein belastendes Indiz bezüglich <strong>der</strong><br />

Angeklagten C. und P. dar. … Auffallend ist in diesem Zusammenhang, daß das Kind seine<br />

Beobachtungen nicht sofort den Eltern mitgeteilt hat. Gegenüber <strong>der</strong> Sachverständigen hat die<br />

(kindliche) Zeugin am 27.11. erklärt, daß die Mutter durch den Lärm auf <strong>der</strong> Straße wach<br />

geworden ist. Sie hat dann <strong>der</strong> Mutter von dem Feuer im Nachbarhaus berichtet, jedoch nicht<br />

von ihren Beobachtungen erzählt. Auf Nachfrage <strong>der</strong> Sachverständigen konnte sie hierfür keine<br />

Erklärung abgeben. In gleicher Weise hat sich die Zeugin hier in <strong>der</strong> mündlichen Verhandlung<br />

verhalten. Auch wenn es für einen unbefangenen Betrachter aufgrund <strong>der</strong> eigenen Erfahrung<br />

mit Kin<strong>der</strong>n in diesem Alter nur schwer vorstellbar ist, daß von einem aufgeweckten Schulkind<br />

<strong>der</strong>artige schwerwiegende Ereignisse nicht sofort, heraussprudelnd, berichtet werden, muß<br />

dadurch die grundsätzliche Glaubwürdigkeit nicht unbedingt in Frage gestellt werden. Allerdings<br />

besteht die Besorgnis, daß die Zeugin in <strong>der</strong> Zwischenzeit weitere Informationen erhalten hat<br />

und es dann zu einer Vermischung mit den tatsächlichen Beobachtungen gekommen ist.<br />

Es kann und darf sich jetzt nicht zum Nachteil <strong>der</strong> Angeklagten auswirken, wenn bestehende<br />

Aufklärungsmöglichkeiten zur rechten Zeit nicht ausgenutzt wurden und die weitere<br />

Sachverhaltserforschung jetzt durch den Zeitlauf praktisch unmöglich sein soll. Die<br />

Bekundungen des Kindes waren insoweit wi<strong>der</strong>sprüchlich, als sie von ihrem Kin<strong>der</strong>zimmerfenster<br />

auch in den Gang, <strong>der</strong> zum Kurpark führte, nicht sehen konnte. …<br />

[69, Seite 166, 167]<br />

Der Umstand, daß in <strong>der</strong> Wohnung des Angeklagten C. eine rote Kiste und in seinem Fahrzeug<br />

eine Schachtel Streichhölzer vorgefunden wurden, stellen deswegen keine belastende Indizien<br />

dar, weil es sich um eine Kiste mit Apfelsaftflaschen gehandelt hat, die viel größer waren, als die<br />

in den Geständnisse beschriebenen Flaschen. Da <strong>der</strong> Angeklagte C. Raucher ist, ist das<br />

Vorhandensein einer Streichholzschachtel praktisch normal. …<br />

Abschließend ist in diesem Zusammenhang auch darauf hinzuweisen, daß sämtliche<br />

Untersuchungen bezüglich des Fahrzeuges o<strong>der</strong> <strong>der</strong> dort aufgefundenen Gegenstände sowie<br />

an <strong>der</strong> roten Getränkekiste und den Flaschen nach Kraftstoffspuren ergebnislos verlaufen sind.<br />

Es steht insgesamt fest, daß mit den Angaben <strong>der</strong> kindlichen Zeugin, soweit diese glaubhaft<br />

sind <strong>der</strong> Tatnachweis nicht geführt werden kann. …<br />

Hinsichtlich seines Aufenthaltes in den Gaststätten in Gudow hat Michael P. während seiner<br />

verschiedenen Vernehmungen durchgängig berichtet, in den späteren Nachmittagsstunden<br />

zunächst in <strong>der</strong> ‚Alten Kate‘ gewesen zu sein und dort getrunken zu haben. Dort habe er seinen<br />

Freund M. S. getroffen, mit diesem sei er dann irgendwann in den ‚Gudower Hof‘ gewechselt. …<br />

(Diesen habe er) erst gegen 22.00 Uhr verlassen. Er hatte von dort aus zu seiner Wohnung<br />

noch eine Wegstrecke von ca. 800 Metern zurückzulegen. Unterwegs ist er in eine Telefonzelle<br />

gegangen und hat von dort seine Mutter angerufen, damit diese ihn abholt. … Die Zeugin P. hat<br />

sich dann angezogen, ist zu ihrem Wagen gegangen und fuhr los. Sie gibt für die einfache<br />

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