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Vom Ende der Zeiten

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3. <strong>Vom</strong> <strong>Ende</strong> <strong>der</strong> <strong>Zeiten</strong><br />

Die ATLANTIK-BRÜCKE und ihr verwandte<br />

Einflußgremien haben eine beson<strong>der</strong>e<br />

Vorliebe für das Abhalten schwülstiger<br />

Polit-Festivitäten mit zeremonienhaftem<br />

Charakter, bei denen häufig Preise<br />

verliehen werden. Reden voller Eigen- und<br />

Bru<strong>der</strong>lob und die ritualhafte Repetition<br />

ihrer wichtigsten Leitsätze, Parolen und<br />

Schlüsselvokabeln würden jedem<br />

unvorbelasteten Zeugen auf Gemüt und<br />

Hirn drücken. Peinlichkeit gehört jedoch<br />

hier zum gemeinschaftsstärkenden<br />

Grundprinzip. In dieser dicken Luft fühlen<br />

sich ebensolche Freunde erst richtig in<br />

Bild 244: 1991. General Vernon A. Walters im Gespräch mit Wolfgang Schäuble (CDU).<br />

ihrem Element und verleihen sich gern und häufig ‚Awards‘. Die also Belobigten müssen ihre<br />

Dankesreden jeweils in Englisch vortraten, genau wie die Laudatio. Dies gehört zur<br />

selbstverständlichen Etikette, <strong>der</strong> sich natürlich auch Guttenberg anpaßte. …<br />

Preisverleihungen sind eine beliebte Form <strong>der</strong> US-Soft-Power: Politiker, die man im<br />

transatlantischen Machtbereich festhalten will, werden quasi an die Orden-Kette gelegt.<br />

Fotoshooting und Erinnerungsfilm runden die großzügige Inszenierung ab und landen im<br />

transatlantischen Familienalbum. Ein Aspekt <strong>der</strong> Soft-Power ist auch das ‚Soft-Brainwashing‘:<br />

Bei transatlantischen Zeremonien werden wie<strong>der</strong> und wie<strong>der</strong> dieselben Losungen ausgegeben:<br />

Die wichtigste ist die <strong>der</strong> gemeinsamen Werte, <strong>der</strong> transatlantischen Wertegemeinschaft, des<br />

gemeinsamen Wertefundaments, <strong>der</strong> Werte, die man nicht mehr miteinan<strong>der</strong> zu diskutieren<br />

brauche, weil sie selbstverständlich seien. Diese Behauptung hat durch ständiges Wie<strong>der</strong>holen<br />

längst ein Eigenleben entwickelt, so daß je<strong>der</strong> Versuch, sie anhand <strong>der</strong> Realität zu überprüfen,<br />

zum Scheitern verurteilt wäre.<br />

Die ATLANTIK-BRÜCKE kennt den Eric-M.-Warburg-Preis (nach ihrem Stifter) und den Vernon-<br />

A.-Walters-Preis (nach ihrem Geheimdienst-Kooperator). Die beiden ‚Orden‘ <strong>der</strong> Brücke zeigen<br />

in etwa die interne Machtverteilung an: Banken sind repräsentiert durch den Warburg-Preis,<br />

Militärs und Geheimdienste durch den Walters-Preis.<br />

Vernon A. Walters (1917-2002) gehörte, wie Henry Kissinger auch, zu einer Reihe von<br />

Männern, die in ihrer Jugend in die Vereinigten Staaten einwan<strong>der</strong>ten, als Soldaten im Zweiten<br />

Weltkrieg kämpften und dann schnell Karriere in Politik bzw. Militär machten, um über<br />

Jahrzehnte unter mehreren US-Präsidenten die Außenpolitik maßgeblich mitzugestalten.<br />

Walters ist ebenso wie Kissinger ein ‚Raptosaurus‘ <strong>der</strong> US-Außenpolitik, und wir können uns die<br />

Erkenntnis lei<strong>der</strong> nicht ersparen, daß es einem übel ins Gesicht weht, wo immer man über diese<br />

Person nachforscht. In seiner 50-jährigen Tätigkeit im Dienste des US-Imperiums erwies er sich<br />

als konsequenter Vertreter <strong>der</strong> ‚Strategie <strong>der</strong> Spannung‘, die Militärputsch (z. B. in Südamerika),<br />

Absetzung legal gewählter Präsidenten (z. B. Iran), Kriege (z. B. Vietnam) und Bürgerkrieg (z. B.<br />

Angola) bzw. vielfältige Kombinationen <strong>der</strong>selben zur Folge hatte. So bezeichnete <strong>der</strong><br />

hochverehrte General und stellvertreten<strong>der</strong> Direktor des CIA den Vietnam-Krieg, ungeachtet <strong>der</strong><br />

Millionen Opfer von Agent Orange, die auch Jahrzehnte später noch mit Gendefekten und<br />

Verkrüppelungen geboren werden, als ‚einen <strong>der</strong> nobelsten und selbstlosesten Kriege‘, den die<br />

Vereinigten Staaten je geführt hätten. 1235 [21, Seite 74-76]<br />

Die Frage <strong>der</strong> Loyalitäten war für Merkel schnell klar: Als die rot-grüne Schrö<strong>der</strong>-Fischer-<br />

Regierung 2003 entschied, nicht an <strong>der</strong> völkerrechtswidrigen Invasion des Irak teilzunehmen<br />

und sich damit auf die Seite <strong>der</strong> ganz überwiegenden Mehrheit <strong>der</strong> Deutschen stellte, schrieb<br />

Angela Merkel für die WASHINGTON POST einen Artikel. Wortlaut: ‚Die wichtigste Lektion für<br />

die deutsche Politik ist ‚niemals wie<strong>der</strong> sollte Deutschland einen eigenen Weg gehen‘. Dies wird<br />

offenbar mit Leichtigkeit von einer deutschen Regierung beiseite gewischt, die genau das getan<br />

hat aus Gründen <strong>der</strong> Wahlkampftaktik. Die Bedrohung durch Saddam Hussein und seine<br />

Massenvernichtungswaffen ist real.‘ 1236 [21, Seite 157]<br />

1235 The New York Times, „MAN IN THE NEWS - WALTERS, LONGTIME DIPLOMAT, GETS KIRKPATRICK POST<br />

AT U.N.“, 09.02.1985, S. 1<br />

1236 The Washington Post, „Schroe<strong>der</strong> Doesn’t Speak for All Germans“, 20.02.2003, S. A39<br />

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