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Vom Ende der Zeiten

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2. Demokratische Täter-Opfer-Umkehr<br />

Der Zentralrat macht Druck<br />

„Der Parteivize Möllemann entschuldigte<br />

sich zugleich nach langem Drängen für<br />

einen Teil seiner Äußerungen: ‚Sollte ich die<br />

Empfindungen jüdischer Menschen verletzt<br />

haben, möchte ich mich entschuldigen‘,<br />

sagte Möllemann. Möllemann hatte<br />

Friedman von seiner Entschuldigung bei<br />

den deutschen Juden ausgenommen.<br />

Möllemann sagte am Donnerstag im<br />

Nachrichtensen<strong>der</strong> n-tv: ‚Dem Journalisten<br />

Friedman galt sie überhaupt nicht. Den halte<br />

ich unverän<strong>der</strong>t für einen aggressiven und<br />

arroganten Typen, <strong>der</strong> jetzt wirklich mal was<br />

Bild 135: „Friedman: ‚Die letzte Chance hat Möllemann selbst zerstört! Was er am Schluß versucht<br />

hat, den Journalisten Friedman anzugreifen, ist deshalb nicht mehr legitim, weil er drei Wochen<br />

vorher den Juden Friedman angegriffen hat!‘“ 730<br />

wegräumen muß. Er hat mich mehrfach als Antisemiten bezeichnet.‘ Im Sen<strong>der</strong> PHOENIX fügte<br />

Möllemann hinzu: ‚Ich werde mich nicht bei Herrn Friedman entschuldigen, <strong>der</strong> hat das gar nicht<br />

verdient. Es geht mir um diesen Mann und seinen unerträglichen Habitus.‘“ 731<br />

„Ein sichtbar verärgerter Zentralratsvize Michel Friedman warnte die FDP sogar vor einem<br />

‚Doppelspiel‘. Das Engagement einiger führen<strong>der</strong> Liberaler sei solange nicht politisch<br />

untermauert, solange Möllemann, <strong>der</strong> die politische Debatte ausgelöst habe, ‚nicht mit<br />

Sanktionen und Konsequenzen rechnen muß. Es kann kein Doppelspiel geben, dieser Spagat<br />

kann ein Rückgrat brechen‘, erklärte Friedman im Anschluß an das Treffen. ‚Für uns ist das<br />

Problem nicht gelöst‘, sagte Spiegel. Auf Seiten des Zentralrats hatten an dem Gespräch auch<br />

die Zentralratsvize Charlotte Knobloch, sowie <strong>der</strong> Geschäftsführer Stephan Kramer<br />

teilgenommen. Von <strong>der</strong> FDP nahmen neben Westerwelle die Generalsekretärin Cornelia Pieper<br />

und <strong>der</strong> frühere Außenminister Klaus Kinkel, sowie <strong>der</strong> Fraktionsvorsitzende Wolfgang Gerhardt<br />

teil. FDP-Vize Jürgen Möllemann nahm an dem Treffen (über ihn) mit dem Zentralrat nicht teil.<br />

Der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle sagte, es sei ein großes Zeichen, daß <strong>der</strong> Zentralrat in<br />

die FDP-Zentrale gekommen sei. Es sei gute demokratische Kultur, daß man miteinan<strong>der</strong> (über<br />

Möllemann) rede und nicht übereinan<strong>der</strong>.“ 732<br />

Warum war Möllemann zu diesem hohen Treffen nicht eingeladen? Die FRANKFURTER<br />

RUNDSCHAU: „Schon damals blieb Möllemann auf Wunsch Spiegels ausgeschlossen.“ 733<br />

Im Juni 2002 hält Friedman vor etwa 500 Besuchern in <strong>der</strong> Schwabinger Erlöserkirche eine<br />

Rede: „‚Es ist kein Tabubruch, über Juden pauschal zu urteilen, es ist ein Zivilisationsbruch. Es<br />

ist keine Sünde, einen Juden zu kritisieren, es ist aber eine Sünde, diese Kritik mit ihrem<br />

Judensein zu verbinden. … Vor 60 Jahren wäre <strong>der</strong> heutige Tag undenkbar gewesen: ein Jude<br />

auf <strong>der</strong> Kanzel einer evangelischen Kirche. Ich wäre im KZ gewesen. Die Polizei hätte uns nicht<br />

beschützt, son<strong>der</strong>n abgeholt. Jetzt werden Sie nach Hause gehen, frei und ohne Angst. Ich bin<br />

nicht bereit, daß das kaputtgemacht wird.‘ Still ist es nun in <strong>der</strong> Kirche. Nach einigen Sekunden<br />

setzt <strong>der</strong> Applaus ein, minutenlang, gespendet vom stehenden Publikum.“ 734<br />

Das Verhalten deutscher Christen ist nicht die Schuld Friedmans, son<strong>der</strong>n allein das <strong>der</strong><br />

Deutschen. Es ist die gleiche Sorte Deutsche, die immer eine Entschuldigung bei <strong>der</strong> Hand hat,<br />

wenn an<strong>der</strong>e Einheimische von hier angesiedelten Auslän<strong>der</strong>n erschlagen werden. O<strong>der</strong> wenn<br />

in den israelisch besetzten Gebieten Palästinenser ermordet werden. Daß Friedman im<br />

weitesten Sinne bundesdeutsche Phantasien bedienen kann, fällt auch nur auf die Deutschen<br />

selbst zurück. Denn anständige Menschen klatschen nicht, wenn sie belogen werden.<br />

730 Deutsche National-Zeitung, „Möllemann - Mord o<strong>der</strong> Selbstmord?“, 27.06.2003, S. 4, 5<br />

731 Frankfurter Allgemeine Zeitung, „Antisemitismusstreit - Westerwelle trifft Spiegel - Möllemann streitet weiter mit<br />

Friedman“, 06.06.2002<br />

732 Süddeutsche Zeitung, Nr. 133, „Differenzen bei Treffen im Thomas-Dehler-Haus nicht ausgeräumt - Friedman<br />

warnt FDP vor ‚Doppelspiel‘ - Zentralrat <strong>der</strong> Juden verlangt Ablösung Jürgen Möllemanns als stellvertreten<strong>der</strong><br />

Parteivorsitzen<strong>der</strong>“, 12.06.2002, S. 6<br />

733 Frankfurter Rundschau, „Das Tischtuch ist zerschnitten“, 19.09.2002, S. 2<br />

734 Süddeutsche Zeitung, „Gegen den Haß aus <strong>der</strong> Mitte - Michel Friedman predigt in <strong>der</strong> Erlöserkirche“, 10.06.2002,<br />

S. 43, Artikel v. Matthias Drobinski<br />

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