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Vom Ende der Zeiten

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5. VÖLKERWELT. Schönheit des Lebens<br />

Robert Ardrey schreibt zum Altruismus: „Niemals hat Darwin die Rivalitätskämpfe <strong>der</strong><br />

Urmenschen als Konflikte zwischen Individuen aufgefaßt. In seiner ‚Abstammung des<br />

Menschen‘ beschrieb er den Menschen als ein ausgesprochen soziales Wesen und sah die<br />

Kämpfe <strong>der</strong> Urzeit als Konflikte zwischen Gemeinschaften. Er betrachtete den Stamm als eine<br />

‚Körperschaft‘, die von <strong>der</strong> Natur mit einer bestimmten, keinem an<strong>der</strong>en Stamm eigenen Gruppe<br />

von Genen ausgestattet ist, und die natürliche Auslese als einen Wettstreit zwischen solchen<br />

Stämmen, <strong>der</strong>en je<strong>der</strong> unter dem Evolutionsdruck seine Integrität durch eine unendliche Folge<br />

von Generationen zu wahren hatte. In seinen Briefen findet sich diese Stelle:<br />

‚Der Sieg im Kampf ums Dasein zwischen Stämmen fällt dem Stamm zu, dessen Mitglie<strong>der</strong> die<br />

überlegenen moralischen und geistigen Eigenschaften aufweisen.‘ Und in <strong>der</strong> ‚Abstammung des<br />

Menschen‘ schrieb Darwin: ‚Kein Stamm könnte bestehenbleiben, wenn Mord, Raub und Verrat<br />

allgemein üblich wären.‘ Der Stamm, dessen Mitglie<strong>der</strong> ‚mehr Patriotismus, Treue, Gehorsam,<br />

Mut, wechselseitige Hilfsbereitschaft, Mitgefühl und Opferbereitschaft für das Gemeinwohl<br />

aufweisen, wird auf dem Wege <strong>der</strong> natürlichen Auslese den Stamm überleben, in dem diese<br />

Eigenschaften in geringerem Maße vorhanden sind‘. In diesen Bemerkungen Darwins über den<br />

Urmenschen finden wir die Antwort auf die Frage, wie die verschiedenen Aspekte des Gutseins<br />

(z. B. die Fähigkeit des Menschen zu Friedfertigkeit, Mitgefühl und Uneigennützigkeit) evolutiven<br />

Wert erlangen können. In einem Kampf zwischen Individuen könnten Eigenschaften wie<br />

Mitgefühl o<strong>der</strong> Altruismus zum Sieg eines <strong>der</strong> beiden Gegner nichts beitragen.<br />

Handelt es sich jedoch um einen Kampf zwischen Gesellschaften, so wird diejenige erfolgreich<br />

sein, <strong>der</strong>en Mitglie<strong>der</strong> zwei Gruppen von Gefühlsreaktionen entwickelt haben: die für die<br />

Angehörigen <strong>der</strong> eigenen Gesellschaft reservierten verschiedenen Aspekte von Freundschaft<br />

und Zusammenarbeit und die gegen die Angehörigen <strong>der</strong> gegnerischen Gesellschaft gerichteten<br />

verschiedenen Aspekte von Aggression und Feindschaft. Man kann sich darauf verlassen, daß<br />

die natürliche Auslese jene Gesellschaft, bei <strong>der</strong> die eine o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e dieser Reaktionsgruppen<br />

ungenügend entwickelt ist, aus dem Garten des Lebens ausjäten wird. [49, Seite 208, 209]<br />

Im Jahre 1942 sagte Dr. C. R. Carpenter in einer Rede vor <strong>der</strong> New Yorker Akademie <strong>der</strong><br />

Wissenschaften: ‚Eigenschaften, die als ethisch wertvoll gelten, wie Altruismus, innige<br />

Zuneigung und Zusammenarbeit, werden <strong>der</strong> höheren Intelligenz des Menschen zugeschrieben,<br />

wenn man ihnen nicht gar einen übernatürlichen Ursprung beimißt. Die naturwissenschaftliche<br />

Forschung führt alle menschlichen Verhaltensweisen, Rivalität und Zusammenarbeit, Egoismus<br />

und Feindseligkeit, auf vormenschliche Wurzeln zurück. Verteidigungsaktionen können die enge<br />

Zusammenfassung aller Gruppenmitglie<strong>der</strong> zu gemeinsamem Handeln erfor<strong>der</strong>n. Bei solchen<br />

Aktionen werden Individuen getötet, doch ist das angesichts <strong>der</strong> Wichtigkeit, die dem Überleben<br />

<strong>der</strong> Gruppe und <strong>der</strong> Erhaltung <strong>der</strong> Spezies zukommt, von geringer Bedeutung.‘<br />

Das Gebot zu lieben ist in unserer Natur ebenso tief verwurzelt, wie das Gebot zu hassen.<br />

Freundschaft und gutes Einvernehmen sind, was Darwin ahnte, aber nicht näher untersuchte,<br />

geradezu Produkte evolutiver Kräfte wie Rivalität und Feindschaft. In <strong>der</strong> Evolution je<strong>der</strong><br />

sozialen Spezies, also auch <strong>der</strong> menschlichen, wird von <strong>der</strong> natürlichen Auslese das Versagen<br />

im Frieden genauso streng bestraft wie das Versagen im Kampf.<br />

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