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Vom Ende der Zeiten

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2. Demokratische Täter-Opfer-Umkehr<br />

Unterdessen lehnte <strong>der</strong> Präsident des Zentralrates <strong>der</strong> Juden in<br />

Deutschland, Paul Spiegel (SPD), jeden weiteren Kontakt mit<br />

Möllemann kategorisch ab. Möllemann habe ‚sich endgültig als<br />

Gesprächspartner und Demokrat disqualifiziert‘, erregte sich<br />

Spiegel am 6. Juni 2002 gegenüber ASSOCIATED PRESS. ‚Wir<br />

werden es nicht zulassen, daß Möllemann Herrn Dr. Friedman<br />

zum personifizierten bösen Juden in Deutschland abstempelt. Das<br />

Tischtuch ist endgültig zerschnitten.‘ Ein öffentliches Gespräch mit<br />

Möllemann wollte Friedman erst führen, wenn sich Möllemann bei<br />

ihm entschuldigt habe. Möllemann wie<strong>der</strong>um verlangte eine<br />

Entschuldigung von Friedman. So kam es, daß eine eilends<br />

einberaumte Talkshow ohne Möllemann stattfinden mußte, und<br />

Friedman folglich allein bei Erich Böhme zum ‚Talk im Turm‘ seine<br />

Tiraden unwi<strong>der</strong>sprochen zum besten geben konnte.<br />

Bild 130: Paul Spiegel: „(Es ist eine) Auseinan<strong>der</strong>setzung zwischen Herrn Möllemann und den<br />

Demokraten in diesem Lande.“ 707 Der Antidemokrat Jürgen Möllemann, <strong>der</strong> Volksentscheide fürs<br />

deutsche Volk for<strong>der</strong>te. Dem Volk aus welchem er stammte und dem er sich zugehörig fühlte.<br />

Friedman machte seine Sicht gleich zu Anfang <strong>der</strong> Sendung deutlich: Möllemann säe den ‚Haß<br />

auf Juden‘. Möllemann wollen den Juden mal (wie<strong>der</strong>) ‚ihre Grenzen zeigen‘. Möllemann<br />

beginne ‚wie<strong>der</strong> zu ‚hetzen‘. 708 Am <strong>Ende</strong> <strong>der</strong> Sendung konnte Friedman beruhigt feststellen, daß<br />

sich fast alle Zeitungen in ihrer Verurteilung <strong>der</strong> Äußerungen Möllemanns einig seien. Mo<strong>der</strong>ator<br />

Böhme schloß das Trauerspiel mit <strong>der</strong> Diagnose: ‚Wir haben uns Deutsche und ihm (Friedman)<br />

auf den Zahn gefühlt. Wir haben bei uns ein paar Karies-Stellen gefunden.‘ Bei wem auch<br />

sonst? Die Hatz gegen Möllemann nahm Ausmaße an, die im wahrsten Sinne Schläge unter die<br />

Gürtellinie waren. Friedmans Zentralratskollegin Knobloch konnte Möllemann als<br />

‚Volksverhetzer‘ denunzieren. Im Juni führte Christoph Schlingensief ein Stück auf, das alle<br />

Zutaten für eine Volksverhetzung aufwies. ‚Auf <strong>der</strong> Bühne steht ein Foto von Jürgen Möllemann.<br />

‚Tötet Jürgen Möllemann!‘, schreit <strong>der</strong> Theaterregisseur Schlingensief gleich zweimal ins<br />

Publikum. Dazu durchbohrt er ein Auge des FDP-Politikers, hält sich dessen Foto vors Gesicht:<br />

‚Ich sehe jetzt aus den Augen eines Antisemiten.‘“ 709 [24, Seite 146, 147]<br />

„Der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) for<strong>der</strong>te Möllemann auf, ‚personelle<br />

Konsequenzen' zu ziehen. ‚Er steht und spricht nicht mehr für die FDP.' Baum fügte hinzu:<br />

‚Nicht Friedman för<strong>der</strong>t den Antisemitismus, wie Möllemann meint, son<strong>der</strong>n er selbst.' ...<br />

Der Grünen-Europaabgeordnete Daniel Cohn-Bendit sagte in Berlin: ‚Die FDP wird solange eine<br />

antisemitische Partei sein, solange Herr Möllemann nicht zurückgetreten ist. (Möllemann habe)<br />

das uralte Schema faschistischer Parteien aufgegriffen. Dieses Schema erkläre die Juden für<br />

selbst Schuld am entstehenden Antisemitismus, wenn diese ‚unangenehm' würden.'<br />

Der Publizist Ralph Giordano ... (Möllemann habe) ‚das Schlimmste vollbracht, was Juden<br />

angetan werden kann: Nämlich für Judenfeindschaft Juden verantwortlich zu machen, sie also<br />

als eigentliche Verursacher des Antisemitismus zu stigmatisieren!'“ 710<br />

„Der Vorwurf des Antisemitismus sei <strong>der</strong> ‚schlimmste Vorwurf, den man in Deutschland erheben<br />

kann‘, erklärte Westerwelle und for<strong>der</strong>te den Zentralrat auf, sich seinerseits für die Vorwürfe<br />

gegen Möllemann zu entschuldigen. … Die Folgen dieser Diskussion hatte Westerwelle dann<br />

auch auf seiner Israelreise zu spüren bekommen. Vor den Augen <strong>der</strong> Weltöffentlichkeit hatte<br />

Israels Premier Ariel Scharon den FDP-Chef für die antisemitische Töne in seiner Partei gerügt.<br />

… Zentralratspräsident Paul Spiegel: ‚Wie weit muß es denn noch kommen, bis man sich zu<br />

einer Entschuldigung für die schlimmste Beleidigung deutscher Juden nach 1945 durchringt?‘<br />

Laut ZDF ‚Politbarometer‘ hielten zudem 28 Prozent Möllemanns Vorwürfe gegen Friedman für<br />

gerechtfertigt.“ 711<br />

707 DIE WELT, „Spiegel for<strong>der</strong>t ‚Aufstand <strong>der</strong> Demokraten‘ - Nach Besuchen bei den Fraktionen von SPD, CDU und<br />

Grünen im Düsseldorfer Landtag sagte er, es gehe nicht um einen Streit zwischen dem Zentralrat und dem<br />

stellvertretenden FDP-Vorsitzenden Jürgen Möllemann, son<strong>der</strong>n um eine ‚Auseinan<strong>der</strong>setzung zwischen Herrn<br />

Möllemann und den Demokraten in diesem Lande‘“, 04.06.2002<br />

708 DIE WELT, „Moralische Keulen“, 02.05.2002, S. 28<br />

709 DIE WELT, „Özdemir spielt in Skandalstück ‚Tötet Möllemann!‘ mit“, 25.06.2002<br />

710 JÜDISCHE ALLGEMEINE, „Der Jude ist an allem schuld - Möllemann macht Friedman für Antisemitismus<br />

Verantwortlich“, 23.05.2002, S. 2, Artikel v. Claus Haffert<br />

711 DIE WELT, „Spiegel ‚entsetzt‘ über FDP-Erklärung - Papier des Parteivorstandes zu Möllemanns Äußerungen<br />

stößt auf Kritik (<strong>der</strong> Zionisten)“, 01./02.06.2002, S. 2, Artikel v. Arne Delfs<br />

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