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Vom Ende der Zeiten

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5. VÖLKERWELT. Schönheit des Lebens<br />

Bild 371: „Mit <strong>der</strong> Zahl <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> wuchsen <strong>der</strong> Stolz und das Gefühl <strong>der</strong> Stärke bei den Eltern. In<br />

den Nachkommen sollte ja die Familie weiterleben, sie sollten die künftigen Beschützer sein.“<br />

FAMILIE. „Die Familie war für die Germanen <strong>der</strong> Urgrund ihres Daseins, Träger des<br />

Lebensglücks und sittlichen Wohlstandes. Das erkannte schon <strong>der</strong> Römer Tacitus, <strong>der</strong> in seiner<br />

‚Germania‘ gerade diesen Wesenszug mit tiefer Bewun<strong>der</strong>ung aus seiner Gesamtdarstellung<br />

heraushebt. ‚Die Ehen werden dort ernst genommen, und keine Seite ihrer sittlichen<br />

Gepflogenheiten möchte man mehr rühmen. Die Frauen leben im engen Kreis <strong>der</strong> Sittlichkeit,<br />

durch keine Lockungen <strong>der</strong> Gelage verdorben. Trotz <strong>der</strong> zahlreichen Bevölkerung ist Ehebruch<br />

höchst selten. Sie erhalten nur einen Gatten, wie sie nur einen Leib und ein Leben haben.<br />

Niemand lacht dort über Laster, und man nennt es nicht Zeitgeist, verführen und sich verführen<br />

zu lassen. Gute Sitten vermögen hier mehr, als an<strong>der</strong>swo gute Gesetze.‘ 1869<br />

Die germanische Familie war nicht nur die Verbindung einer Anzahl von Einzelpersonen<br />

gemeinsamer Abstammung, son<strong>der</strong>n eine organisch gewachsene feste Einheit. Jedes Mitglied<br />

lebte nicht in erster Linie sein eigenes Leben, son<strong>der</strong>n setzte sich die Ehre und das Ansehen<br />

<strong>der</strong> Familie als höchstes Ziel. In ihrem Gedeihen sah es die Kraftquelle, durch die es selbst<br />

gestützt und geför<strong>der</strong>t wurde. Daher war es Pflicht, jede Handlung zu meiden, die dem Ansehen<br />

<strong>der</strong> Familie in ihrer Gesamtheit schaden konnte. Die Schandtat des einen lähmte den Mut aller<br />

Angehörigen <strong>der</strong> Familie, auch <strong>der</strong> unbeteiligten, jede ehrenvolle Leistung des einen aber<br />

erhöhte das Lebensgefühl <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en. Die Familie umspannte nicht nur die Lebenden, son<strong>der</strong>n<br />

auch die Verstorbenen. Um beide schlang sich ein festes Band, das die Lebenden durch<br />

Opfergaben und ehrendes Gedenken immer wie<strong>der</strong> erneuerten. Die Toten hingegen wahrten<br />

die Treue zur Familie, indem sie den Lebenden beistanden in warnenden und ahnungsvollen<br />

Träumen. [58, Seite 74, 75]<br />

KINDER. Den Kin<strong>der</strong>n brachte man große Liebe entgegen. Die Römer bewun<strong>der</strong>ten den<br />

Kin<strong>der</strong>reichtum <strong>der</strong> Germanen. Mit <strong>der</strong> Zahl <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> wuchsen <strong>der</strong> Stolz und das Gefühl <strong>der</strong><br />

Stärke bei den Eltern. In den Nachkommen sollte ja die Familie weiterleben, sie sollten die<br />

künftigen Beschützer sein. Für den germanischen Menschen war die Familie die Kraftquelle aus<br />

<strong>der</strong> ihm alle Stärke kam. Es konnte ihm kein größeres Unglück drohen, als durch eine Schandtat<br />

aus dem Familienverband ausgestoßen zu werden. Das Geborgensein im Verwandtenkreis<br />

erhöhte das Selbstbewußtsein und stachelte dazu an, die gegebenen Anlagen zu entwickeln<br />

und zur Ehre <strong>der</strong> Familie einzusetzen. Dieses innere Kraftgefühl befähigte ihn, sein Leben<br />

seinem Willen gemäß zu gestalten, somit zur Erfüllung seines Schicksals aus eigenem<br />

Lebensgefühl beizutragen. Wir sind gewohnt, Schicksal mit dem römischen factum<br />

gleichzusetzen, als etwas von außen her Festgelegtes, Unabwendbares. Nach germanischer<br />

Auffassung bleibt <strong>der</strong> Mensch aber ein frei Handeln<strong>der</strong>, er ist nicht Opfer. [58, Seite 77, 108]<br />

1869 Tacitus, „Germania”, XVIII, XIX<br />

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