09.01.2019 Aufrufe

Vom Ende der Zeiten

  • Keine Tags gefunden...

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

2. Demokratische Täter-Opfer-Umkehr<br />

Wenn er zu Hause war, ging er nach Ratingen schon mal in die Disco.<br />

Um eine Abkürzung zu fahren, ist er Raststätte Ohligser Heide in<br />

Richtung Köln abgefahren. Dort beobachtete er, wie ein Transporter mit<br />

südländisch aussehendem Fahrer bei einem Polizeitransporter stand<br />

und Päckchen und Geld ausgetauscht wurden. Da mein Sohn aufgrund<br />

seiner Position meldepflichtig war, hatte er das anschließend dem MAD<br />

gemeldet. Die Konsequenzen haben wir von <strong>der</strong> Polizei spüren müssen.<br />

Die von <strong>der</strong> Wache Ohligs versuchten uns dauernd etwas anzuhängen.<br />

<strong>Ende</strong> August 1995, es war ein heißer Sommer, mitten in <strong>der</strong> Nacht<br />

bollerte es an <strong>der</strong> Haustür. Aufmachen, Polizei!<br />

Wir hatten zwei Heizkessel kombiniert (Feststoff/Gas).<br />

Bild 121: Mimte stets den Moralischen, <strong>der</strong> ehemalige Bundespräsident Rau. Zum Zeitpunkt des<br />

Brandanschlags war er Ministerpräsident Nordrhein-Westfalens: „Johannes Rau (SPD) hat, …, am<br />

Freitag die Opfer des Brandanschlags von 1993 besucht. Bundespräsident Rau wollte mit seinem<br />

Besuch bei <strong>der</strong> Familie Genç deutlich machen, daß die Opfer fremdenfeindlicher Gewalt nicht<br />

vergessen werden.“ 670 Eine Solingerin zeigte mehr Aufrichtigkeit: „Die sträflichen Versäumnisse<br />

bei <strong>der</strong> Suche nach den wahren Tätern. Die Trauer um die Opfer von Solingen erfor<strong>der</strong>t mehr als<br />

stilles Gedenken. Sie erfor<strong>der</strong>t Zivilcourage." 671<br />

Über dem Feststoffofen war ein Warmwasserboiler. Mein Sohn, <strong>der</strong> damals die Polizei erwischt<br />

hatte und es dem MAD melden mußte, lief in Bermudas herum und machte warmes Wasser für<br />

den nächsten Tag. Es war ca. 23.30 Uhr. Ich selbst hatte ein paar Tage vorher drei<br />

Nachtschichten im Adolph-Kolping-Heim und hatte eine Darmgrippe. Also: aufmachen, Polizei!<br />

Auf meine Frage, was los sei, bekam ich zur Antwort: sie verbrennen eine Leiche! Ich habe<br />

etwas unverständlich aus <strong>der</strong> Wäsche geschaut und konnte diesen Vorwurf nicht einordnen.<br />

Dann hieß es, wir würden ungenehmigten Abfall verbrennen. Es standen zwei Streifenwagen<br />

und zwei Zivilfahrzeuge <strong>der</strong> Polizei mit acht Beamten vor <strong>der</strong> Tür. Der Anführer hieß Oberhoff.<br />

Oberhoff hatte mich mit entsicherter Schußwaffe bedroht. Ich durfte mir noch nicht einmal den<br />

Bademantel anziehen. Aber die Geschichte geht noch weiter, ich überspringe einiges.<br />

Im Keller warf die Beamtin, die Oberhoff in den Keller begleitet hatte, meinem Sohn einen<br />

Plastikbeutel mit weißem Inhalt zu und bedrohte ihn mit <strong>der</strong> Waffe, daß Päckchen aufzuheben.<br />

Er hat ganz ruhig gesagt, wie sie denn dem Vorgesetzten den Schußwaffengebrauch erklären<br />

wolle. Der Terror ging oben weiter. Warum dies? Ganz einfach, mein Sohn war nach seinem<br />

Unfall beim Roten Kreuz, als Rettungsschwimmer und wegen dem Tauchschein. Er kannte<br />

einige Leute, die beim Brandanschlag als erste vor Ort waren. Mit fünf Liter Benzin vor die<br />

Haustür geschüttet, geht nicht gleich das ganze Haus in Flammen auf. Außerdem war es ein<br />

Brandbeschleuniger, wie er in <strong>der</strong> türkischen Armee benutzt wurde. Desweiteren konnte Camel<br />

noch in den Keller laufen, die Sicherungen ausschalten, während die Frauen oben<br />

eingeschlossen waren. Es waren da noch mehr Ungereimtheiten.<br />

Später bekam die Familie Genç Son<strong>der</strong>konditionen bei <strong>der</strong> Stadt Solingen. … Auch ist Frau<br />

Genç mit dem Personalausweis einkaufen gegangen. Damals haben türkische Mitbewohner<br />

beim Terror in <strong>der</strong> Solinger Innenstadt Waffen aus den fahrenden Autos an die Türken verteilt<br />

und die Innenstadt zerstört.“ 672<br />

Die entscheidende Frage lautet: Warum knastete die damalige Bundesregierung (CDU)<br />

wissentlich Unschuldige ein? Es ist die Frage nach ihrem Motiv. Und war das Motiv vorher da,<br />

bevor <strong>der</strong> Brandanschlag erfolgte, o<strong>der</strong> nicht?<br />

Bis heute sind die Morde in Mölln und Solingen ungesühnt. Verständlich, denn dieser Staat wird<br />

sich nicht selbst anzeigen. Der Fall Solingen beweist, in einem Willkürstaat, wie <strong>der</strong><br />

Bundesrepublik, kann es theoretisch jeden treffen. Michael Rediske faßt den Krieg <strong>der</strong><br />

Demokraten so zusammen:<br />

„Der Unser Kampf gegen Rassismus (=Ablehnung <strong>der</strong> eigenen Kolonisation) wird langwierig.<br />

Gesellschaftliche Mehrheiten müßten gewonnen werden für ein neues Selbstverständnis <strong>der</strong><br />

(Deutschen in <strong>der</strong>) Bundesrepublik.“ 673<br />

670 Solinger Morgenpost, „Felix K. aus <strong>der</strong> Haft entlassen - Bundespräsident Rau bei den Opfern“, 12/2000<br />

671 Solinger Tageblatt, „Demonstration - Aktives Handeln", 19.05.1994, S. 10, Leserbrief v. Monika Gärtner<br />

672 Ein an<strong>der</strong>er berichtete von Überfällen auf Solinger in ihren eigenen Wohnungen, in denen sie anschließend von<br />

aufgebrachten Türken zusammengeschlagen worden sind. Die Polizei konnte da natürlich auch nichts machen.<br />

673 taz-journal, „ROSTOCK. MÖLLN. SOLINGEN - NACHBARN UND MÖRDER. Rechtsextremismus in<br />

Deutschland“, 1993, S. 6<br />

191

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!