Vom Ende der Zeiten

5. VÖLKERWELT. Schönheit des Lebens
Die germanische Freiheit, als innere Seelenfreiheit, als politische Freiheit verstanden, wurde zur
Ichsucht, zur zügellosen und schrankenlosen Freiheit des einzelnen ohne Bindung zur
Gemeinschaft.“ [62, Seite 44, 45]
„EHE. In der Eheschließung sah der Germane eine sehr ernste Handlung im Dienst der Familie;
denn sie sollte den Fortbestand der Sippe sichern. Sie brachte ein Wesen aus einer fremden
Familie in den Kreis seiner Blutsverwandten, und war somit ein Ereignis, das nicht nur die
persönlichen Geschicke von Mann und Frau betraf, sondern auch jene beiden Gruppen anging.
Noch halten sich aus germanischer Zeit Hochzeitsbräuche, wie das Wettlaufen von Braut und
Bräutigam, das Fangen der Braut, und auch die Hochzeitsbenennung ‚brutlouf‘ (Brautlauf), die
auf die älteste Form der Eheschließung, den Brautraub, hindeuten. Sie bewahrten sinnbildlich
die Erinnerung daran, daß durch den Raub die Frau gänzlich aus der Bindung an ihre frühere
Familie gelöst und für den Eintritt in die neue Gemeinschaft freigemacht wurde. Wenn man den
Wesenszug der germanischen Menschen in Betracht zieht, ihr Streben nach Freiheit und
Selbständigkeit, so wurden wahrscheinlich die meisten Ehen im gegenseitigen Einverständnis
der Brautleute geschlossen. [58, Seite 75]
STELLUNG DES MANNES. Die Führung der Familie oblag dem Mann als Familienoberhaupt.
Er waltete unbeschränkt in seinem kleinen Reich und vereinigte alle Rechte in seiner Hand. Er
hatte die munt 1872 über alle Familienmitglieder, also auch über die Frau, war verpflichtet sie zu
beschützen, und vertrat sie nach außen in allen Rechtsfällen. Er hatte bei Vergehen der Frau
auch das Recht auf Züchtigung. [58, Seite 75]
STELLUNG DER FRAU. Die Ehe bot der Frau genug Raum, ihr ganzes Wesen zum Ansehen
der Sippe zu entfalten. Die Menschen dieser Zeit waren Bauern, deren Tagwerk sicher ein gut
Teil arbeitsreicher war, als das der heutigen. Auf den Mann warteten neben der Feldarbeit noch
Jagd und Fischfang, wenn ihn nicht auch das Waffenhandwerk in die Ferne rief. Die Frau
schaffte im Garten und Haus, sie mußte das Mehl auf dem Mahlstein reiben, Brot backen und
für das Essen sorgen. Das Vieh verlangte seine Wartung, Vorräte wie Getreide, Pilze, Beeren,
mußten eingebracht und für den Winter getrocknet werden. Waren die Kinder und das Haus
versorgt, kümmerte sich die Frau um die Kleidung, die Spinnwirtel klapperten, der Webstuhl rief
zur Arbeit, aus Leder wurden Schuhe geschnitten.
Und ihre eiligen Finger formten Töpfe und Schüsseln aus weichem Lehm. Noch wurde fast aller
Hausrat im Haus erzeugt, solange nicht eigentliche Handwerker Kleider, Geräte und Waffen
verfertigten. Lag ein Kind darnieder oder kam der Mann verwundet nach Hause oder war ein
Tier erkrankt, mußte die Hausmutter auch Ärztin sein. Sie kannte Kräuter, die, als Tee oder auf
Wunden gelegt, Heilung brachten, sie mischte aus Fett und Pflanzenpulver heilsame Salben,
und wenn alle Hilfe versagte, schickte sie fromme Sprüche zu höheren Mächten empor.
1872 Das Wort bedeutet Schutz und ist noch erhalten im Wort Vormund, Mündel.
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