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Mehrsprachigkeit in Europa: Plurilinguismo in Europa ... - EURAC

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Evel<strong>in</strong>e Schwarz, Gudrun Götz<br />

Schreibkompetenz) von Lernenden mit Migrationsh<strong>in</strong>tergrund, die e<strong>in</strong>en universitären Abschluss<br />

anstreben. Während im österreichischen Alltag die Sprachen vieler MigrantInnen e<strong>in</strong> eher<br />

ger<strong>in</strong>ges Prestige haben, herrschen am ITAT andere Bed<strong>in</strong>gungen: Auch Sprachen, die sonst <strong>in</strong><br />

der Öffentlichkeit wenig Akzeptanz erfahren (z. B. Bosnisch, Türkisch), gelten als gleichwertig<br />

mit anderen (z. B. Englisch, Spanisch), ja, haben mitunter den Ruf, besonders schwer erlernbar<br />

zu se<strong>in</strong>. Studierende mit Migrationsh<strong>in</strong>tergrund nehmen aufgrund ihrer Sprachkenntnisse daher<br />

hier e<strong>in</strong>e positive Sonderstellung e<strong>in</strong>.<br />

2. Forschungsansatz<br />

Fast alle Studierenden des ITAT haben das österreichische Schulsystem durchlaufen. Dort ist<br />

Deutsch die dom<strong>in</strong>ante Schul- und Unterrichtssprache. Die Studierenden haben sich also im<br />

Verlauf ihrer Schulzeit ausreichende Kompetenzen <strong>in</strong> dieser Sprache angeeignet, um im Fach<br />

Deutsch das Lernziel der Höheren Schulen erreichen zu können. Zudem zeigt ihre Entscheidung<br />

für e<strong>in</strong> Sprachstudium, dass sie sich für sprachlich begabt halten und grundsätzlich an Sprachen<br />

<strong>in</strong>teressiert s<strong>in</strong>d.<br />

Nach Erna Nairz-Wirth symbolisieren sprachliche Verhältnisse immer auch<br />

Machtverhältnisse. Die Sprache liefert e<strong>in</strong> System von komplexen Kategorien. “SchülerInnen<br />

oder Studierende aus privilegiertem sprachlichen (sic!) Milieu haben (...) e<strong>in</strong>en, für weitere<br />

Schullaufbahnentscheidungen entscheidenden, Bildungsvorsprung.” (Nairz-Wirth 2005: 6)<br />

Es stellt sich die Frage, ob diese Behauptung auch für unsere Studierenden aufrecht<br />

erhalten werden kann. Studierende mit Migrationsh<strong>in</strong>tergrund (<strong>in</strong> der Folge: Stud Mig ) am ITAT<br />

haben zwar e<strong>in</strong>e – wie wir noch sehen werden - gewisse Distanz zu ihrer “Bildungssprache”,<br />

verfügen andererseits aber über ihre L1 über e<strong>in</strong> kulturelles Kapital, das sie bewusst e<strong>in</strong>setzen<br />

und zertifi zieren lassen können.<br />

In der Ausbildung zum Übersetzer und Dolmetscher wird auf sprachliche Korrektheit großer<br />

Wert gelegt, da die AuftraggeberInnen von Übersetzungen Fehler <strong>in</strong> muttersprachlichen<br />

Texten nicht tolerieren. Um am Markt bestehen zu können, müssen ÜbersetzerInnen also<br />

sprachlich korrekte Texte abliefern. Neben dieser sehr hohen Sprachkompetenz ist natürlich<br />

auch e<strong>in</strong> Höchstmaß an Textkompetenz gefordert, die Portmann folgendermaßen defi niert:<br />

“Textkompetenz ist die Fähigkeit, textuell gefasste Informationen zu verstehen und selbst mit<br />

Hilfe von Texten zu kommunizieren.” (Portmann 2002: 9), also “...Texte angemessen verstehen<br />

oder produzieren zu können.” (ebda.) Die Angemessenheit der Textproduktion variiert von<br />

Situation zu Situation, im Rahmen des Dolmetscher- und Übersetzerstudiums kommt ihr e<strong>in</strong>e<br />

herausragende Bedeutung zu.<br />

Trotz der <strong>in</strong> Punkt 1 erwähnten positiven Voraussetzungen, die an unserem Institut für<br />

Studierende mit Migrationsh<strong>in</strong>tergrund herrschen, liegt <strong>in</strong> der oben erwähnten Forderung nach<br />

höchster Sprach- und Textkompetenz e<strong>in</strong> hohes Maß an Frustrationspotenzial. E<strong>in</strong> Vergleich<br />

der StudMig mit Studierenden aus deutschsprachigem Elternhaus (<strong>in</strong> der Folge: StudD) zeigt,<br />

dass am Beg<strong>in</strong>n des Studiums e<strong>in</strong> größerer Prozentsatz der StudMig sprachliche Defi zite im<br />

Deutschen – sowohl im Bereich der Grammatik als auch des Wortschatzes und der sprachlichen<br />

Kreativität – aufweist. Die Studierenden erfahren am Beg<strong>in</strong>n ihres Studiums, dass sie “zu<br />

viele Fehler machen” und “schlechte” Texte abliefern. Sie verlangen zurecht e<strong>in</strong>e gezielte<br />

Sprachlernberatung, damit sie ihre Chancen im Studium wahrnehmen können.<br />

102<br />

Multil<strong>in</strong>gualism.<strong>in</strong>db 102 4-12-2006 12:25:56

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